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Das Landkind in mir

Ich komme ja vom Land. Also wirklich. Nicht Altstetten oder Tiefenbrunnen. Nein, wirklich vom Land. So mit Kühen und Soili und Traktoren. Ich finde das super und es ist ein Bestandteil meines Lebens, den ich niemals würde missen wollen.

Trotzdem lebe ich seit 12 Jahren in Städten – erst in Fribourg und nun in Zürich. Fribourg ist eine kleine, aber wunderschöne Stadt mitten auf dem Röstigraben. Es hat eine der ältesten Altstädte Europas und die Gässchen und Häuser triefen nur so vor Geschichte und Vergangenheit. Ich habe unheimlich gerne in Fribourg gelebt – es ist eine Studentenstadt, sehr alternativ, mit einem riesigen kulturellen Angebot.

Ja, und 2011 zog ich dann nach Zürich. Und auch diese Stadt liebe ich. Diese Kleinstadt im Grossstadtkleid. Ich liebe es, dass ich zu jeder Tages- und Nachtzeit etwas erleben kann. Ich liebe den See. Und ich liebe auch hier die Kultur- und die Kunstszene.

In seltenen Momenten kommt aber wieder das Landmeitli in mir zum Vorschein. Dann nämlich, wenn ich von der Stadt und ihrem Groove vor den Kopf gestossen werde.

Wenn man sich nicht die Tür aufhält, wenn man sich auf dem Korridor nicht Grüezi sagt und wenn irgendwelche jungen Menschen mir erzählen wollen, dass „Koks chli isch wie Alk, weisch?“ Wenn Leute ausgehen, um sich abzuschiessen und nicht primär, um coole Dinge zu erleben. Wenn es cool ist, wenn man nicht mehr weiss, wie die Person hiess, mit der man geschlafen hat. Wenn man mit Leuten am Sonntag nicht um 11 Uhr abmachen kann, weil alle bis um 15 Uhr ihren Kater auskurieren müssen. Wenn man für kaputte Kleider mehr bezahlt als für ganze. Wenn man mit Freunden in Bars geht, in denen es so laut und überfüllt ist, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als an der Bar zu stehen und einen überteuerten Drink am anderen zu kippen.

Vielleicht bin ich alt. Vielleicht bin ich uncool. Besser als irgendwer bin ich garantiert nicht und jeder darf so leben wie er/sie will.

Aber manchmal steht das Landmeitli dann auf der Langstrasse, schaut sich um und sagt: „What the fuck, dudes?“

Aber das ist eher selten.

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Autor: Yonni Meyer

Yonni Meyer (*1982) wuchs dort auf, wo’s mehr Kühe als Menschen gibt. Und das war gut so. Kantonsschule in der Nordschweizer Provinz (Hopp Schafuuse). Studium im Welschland (Sprachen und Psychologie). Umzug an die Zürcher Langstrasse 2011. Seither konstant kulturgeschockt. Ende Juli 2013 Geburt des Facebook-Blogs „Pony M.“
September 2013 Einstieg bei KULT. Ab 2014 Aufbruch in die freelancerische Text-Landschaft der Schweiz. Meyer mag Blues. Meyer mag Kalifornien. Meyer mag Igel. Meyer mag Menschen. Manchmal.

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Also, wenns denn umsverrecken sein muss: Der Hafenkran.

Muss man haben: Mario Götzes Schwedische Penispumpe