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Kuba: Land veralteter Ideologien Teil 3 – Was hätte der Che gemacht?

Ich möchte ihnen ins Ohr flüstern, dass der Materialismus eine schreckliche heroinähnliche Droge ist, von der man, hat man sie erst einmal probiert, nicht mehr los kommt. Doch während ich das denke, schreibe ich mir eine Notiz in mein I-Phone und überprüfe gleichzeitig kurz ob meine violetten Nike Turnschuhe noch einigermassen sauber sind. Raul Castro wird sie irgendwann Menschen werden lassen, die wie ich, reisen, einkaufen, einrichten, verschönern, sparen, ausgehen, feiern, sich einkleiden, in Restaurants essen und auf materialistische Ziele hinarbeiten. Wer will es ihnen verübeln, der Spass dieser Welt ist käuflich.

Ich frage mich, was der CHE und seine Anhänger zu diesem Zerfall der Ideologie gesagt hätten? Wären sie stur und realitätsfern geblieben oder hätten sie dem Drängen nach westlichen Werten nachgegeben? Hätten sie verstanden, dass Menschen die die Armut nie erlebt haben, einen kommunistischen Anspruch nicht zu schätzen wissen? Dass ihre Sinne von Fernsehen, Internet und Werbung eingenebelt werden? Dass der Mensch stets nach mehr, nach einem Weg nach ganz oben strebt? Dass der Gemeinschaftsgedanke nicht auf alle übertragbar ist? Was hätten sie unternommen, dass die Städte nicht auseinanderfallen? Was hätten sie dazu gesagt, dass die UNESCO retten kommt, was noch zu retten ist? Was hätten sie zur Ausbeutung von Touristen gesagt, zur tollwütigen Jagt auf Geld? Wie hätten sie die Menschen wieder auf Kurs gebracht? Hätten sie eine ewige Abschottung und damit wirtschaftliche Armut bevorzugt? Was hätten sie getan?

Als ich morgens durch die Strassen Havannas schlendere, bemerke ich, dass die Rush Hour, wie bei uns, um 7 beginnt. Der grosse und augenscheinliche Unterschied allerdings besteht darin, dass sie lachen, laut reden und gestikulieren. Die Strassen, orange beleuchtet vom Sonnenaufgang, gefüllt mit Arbeitern, sind voller Lebensfreude. Kapitalismus, Kommunismus, was auch immer: ich bin zuversichtlich. Diese Menschen werden auch mit materialistischen Werten, das Lachen nicht verlernen. Und trotzdem bin ich enttäuscht, denn sie tanzen nicht wie erwartet, voller Lebensfreude in den Strassen. Sie tanzen – nur noch für spendable Touristen.

(Es folgt Teil 4)

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Autor: Jelena Keller

Jelena ist von Beruf Journalistin und Sprachlehrerin, Schweizerin serbischer Abstammung. Sie mag lange Texte und langes Grübeln. Sie hat sich daran gewöhnt zu viel zu denken und zu wenig zu schlafen. Wenn sie gar kein Auge zumachen konnte sieht sie die Welt nüchtern und in einem Grauton. Wenn sie ausgeschlafen hat, wandert sie mit ihrem Hund auf grüne Berge, durch bunte Blumenwiesen und rosa Weizenfelder. Schreibt auch mal Gedichte und Kurzgeschichten, reist am liebsten um die Welt und probiert Neues aus. Sie meint tatsächlich, dass sich alle Probleme lösen liessen, wenn man sich nur ab und zu in die Lage des Gegenübers versetzen könnte. Walk in my shoes und so. Trotzdem versteht sie manche Menschen nicht. Die, die sich vor dem Leben und dem Tod fürchten und andere verurteilen. Aber von den meisten anderen denkt sie, sie seien alle Freunde, die sie bloss noch nicht kennengelernt hat.

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… der werfe den ersten Stein.

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