Ich möchte ihnen ins Ohr flüstern, dass der Materialismus eine schreckliche heroinähnliche Droge ist, von der man, hat man sie erst einmal probiert, nicht mehr los kommt. Doch während ich das denke, schreibe ich mir eine Notiz in mein I-Phone und überprüfe gleichzeitig kurz ob meine violetten Nike Turnschuhe noch einigermassen sauber sind. Raul Castro wird sie irgendwann Menschen werden lassen, die wie ich, reisen, einkaufen, einrichten, verschönern, sparen, ausgehen, feiern, sich einkleiden, in Restaurants essen und auf materialistische Ziele hinarbeiten. Wer will es ihnen verübeln, der Spass dieser Welt ist käuflich.
Ich frage mich, was der CHE und seine Anhänger zu diesem Zerfall der Ideologie gesagt hätten? Wären sie stur und realitätsfern geblieben oder hätten sie dem Drängen nach westlichen Werten nachgegeben? Hätten sie verstanden, dass Menschen die die Armut nie erlebt haben, einen kommunistischen Anspruch nicht zu schätzen wissen? Dass ihre Sinne von Fernsehen, Internet und Werbung eingenebelt werden? Dass der Mensch stets nach mehr, nach einem Weg nach ganz oben strebt? Dass der Gemeinschaftsgedanke nicht auf alle übertragbar ist? Was hätten sie unternommen, dass die Städte nicht auseinanderfallen? Was hätten sie dazu gesagt, dass die UNESCO retten kommt, was noch zu retten ist? Was hätten sie zur Ausbeutung von Touristen gesagt, zur tollwütigen Jagt auf Geld? Wie hätten sie die Menschen wieder auf Kurs gebracht? Hätten sie eine ewige Abschottung und damit wirtschaftliche Armut bevorzugt? Was hätten sie getan?
Als ich morgens durch die Strassen Havannas schlendere, bemerke ich, dass die Rush Hour, wie bei uns, um 7 beginnt. Der grosse und augenscheinliche Unterschied allerdings besteht darin, dass sie lachen, laut reden und gestikulieren. Die Strassen, orange beleuchtet vom Sonnenaufgang, gefüllt mit Arbeitern, sind voller Lebensfreude. Kapitalismus, Kommunismus, was auch immer: ich bin zuversichtlich. Diese Menschen werden auch mit materialistischen Werten, das Lachen nicht verlernen. Und trotzdem bin ich enttäuscht, denn sie tanzen nicht wie erwartet, voller Lebensfreude in den Strassen. Sie tanzen – nur noch für spendable Touristen.
(Es folgt Teil 4)