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WENN ES DIR AUF DIESER WELT NICHT PASST…: SECHS LUFTIG-LEICHTE SOMMERGEDANKEN

I) Es gibt ja jene physikalische Formel für Arbeit: Wenn auf einen Körper – er befindet sich in unserem schönen Fall auf der geraden Strecke von Punkt A nach Punkt B – eine konstante Kraft wirkt, dann, wir wissen es alle, wird an diesem Körper Arbeit verrichtet.

Allein, diese Formel nützt mir nichts. Ich bräuchte zunächst eine andere physikalische Formel. – Jene für Überwindung.

II) Suche deine Wunder nicht im Bereich des Ausserordentlichen. Begreife, dass auf dieser Erde alles ein Wunder ist. Geniesse das Wunder deiner blossen Existenz. Geniesse es in deinem Alltag. In jeder Pflanze, die dem Himmel entgegen strebt. In jeder Biene, die eine Blume umschwirrt…

Den kennen Sie? Oder etwa nicht?

In der einen oder anderen Form ganz sicher. Um jedoch das Wunder der blossen Existenz geniessen zu können, müsste ich zunächst mal die Nichtexistenz kennen. Und sie mit der Existenz vergleichen können. Doch diese Perspektive ist keinem Menschen zugänglich. Weder mir. Noch Ihnen.

Und möglicherweise wäre die Nichtexistenz halt doch um einiges geiler…

Zudem weigere mich, mit Verlaub, Mückenstiche, Eiterbeulen und Nichtraucher-Bars als Wunder zu betrachten. Ganz im Gegenteil. Ich scheiss’ drauf! Wenn schon, dann will ich ein grossmächtiges Wunder, das mich in ewige Verzückung und Ekstase versetzt!

III) Da kommt mir doch sogleich jenes andere Klischee in den Sinn: Du musst deinen Eltern dankbar sein. Dafür dass sie dich auf diese Welt gebracht haben…

Soso. Dankbar soll ich sein, für Steuern, für harte, erzwungene, undankbare Arbeit, für Manien und Depressionen, für Kopfweh, ungeliebte Pflichten und Orgasmusstörungen; dafür, dass ich permanent den Mächten der Fatalität ausgeliefert bin.

Das wäre für mich doch alles nicht da, wenn ich nicht hier sein müsste. Die Eltern mögen einen Kinderwunsch verspürt haben. Aber habe ich wirklich einen Existenzwunsch gehabt?

Wenn wir diesbezüglich schon eine Maxime aufstellen müssen, dann würde ich eine weitaus edlere Vorschlagen: Verzeihe deinen Eltern dafür, dass sie dich ungefragt in diese gefährliche Welt hinein geschleudert, in diese schmerzhafte Schwere, und dir das Erbe der Menschheit um den Hals gehängt haben. Das wäre doch mal was!

Letztlich versuche ich ja sogar, Gott dafür zu verzeihen, dass er diesen Sauladen hier aufgebaut hat. Aber es fällt mir schwer. Bevor er mir nicht wenigstens ein kleines Zeichen seines schlechten Gewissens sendet.

Bösartigen Narzissten mag ich nämlich nicht verzeihen.

IV) Und schon kommt es noch besser, spätestens dann, wenn jemand sagt: “Wenn es dir auf dieser Welt nicht passt, kannst du ja abhauen, mach doch einfach Selbstmord.” Ja hat es euch ins Gehirn geregnet? Selbstmord tut weh. Auch mir. Obwohl ich mit der Schöpfung nicht zufrieden, geschweige denn einverstanden bin. Genausogut könnte ich einfache alle Leute umbringen, die mich nerven. Beispielsweise, indem sie solche Sprüche klopfen. Aber das ist mir zu anstrengend. Vor allem das Putzen danach. Aussen und innen…

V) Das Leben, ja das Leben ist eine Reise, flöten die Philosophenden unseres zeitgenössischen Alltags… Sicher ist es das. Aber ganz bestimmt keine Ferienreise. Das Geheimnis an den Ferien ist doch, dass wir uns von einem vertrauten Ort an einen unbekannten Ort begeben. Und dann wieder gerne nachhause kommen.

Zu unserem Herd, zu unserem gemütlichen alten Sesselfurzer/-Innen-Sessel. Oder gehen Sie vom Nichts aus ins Nichts in die Ferien? Ohne irgendwo daheim zu sein? Na dann ist ja gut. Gratuliere.

Im Übrigen ist das Endziel meiner Lebensreise wahrscheinlich gerade mal zwölf Busstationen von meiner Wohnung entfernt. Handelt es sich doch um den grossen Friedhof am Stadtrand. Einen grauen bedrückenden Ort, ich meide ihn in der Regel. In die Ferien fliege ich hingegen gern. Mindestens 10’000 Kilometer weit. Am liebsten nach Louisiana…

VI) Man müsse Mass halten, höre ich immer. Dies fördere die Gesundheit und ein langes Leben. Sorry. Ich will aber lieber Spass haben. Nachhaltig. Ein Schwenker voll Whisky macht mir deutlich weniger Spass als eine halbe Flasche.

Ich will auch nicht nur einmal Sex haben. Ich will noch einmal. Und noch einmal. Und wenn es dann nicht mehr geht, greife ich zur spanischen Fliege. Und wenn es dann nicht mehr geht, ziehe ich mir einige weisse Blitze in mein Hirn hoch. Direkt durch meinen Riecher. Und wenn es dann nicht mehr geht, werfe ich eine blaue Pille ein. Und wenn mich der Whisky nicht umbringt, werden es die Frauen tun. Oder halt die Zigaretten…

Dann werde ich dankbar sein! Dann werde ich in Frieden ruhen! Gute Nacht.

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Autor: Christian Platz

Lebt in Basel. Arbeitet überall. Reist recht viel. Vor allem nach Asien. Und in den Deep South der USA. Verdient sein Geld seit über einem Vierteljahrhundert mit Schreibarbeiten. Vorher hat er als Pfleger in einer Irrenanstalt gewirkt. Hat mehrere Bücher veröffentlicht. Spielt seit 40 Jahren fanatisch Gitarre, zwischendurch singt er auch noch dazu. Schreibt unter anderem für Kult. Ist manchmal gut aufgelegt. Manchmal schlecht. Meistens so mittel. Sammelt Bücher, CDs, Filme, Artefakte. In einem psychisch leicht auffälligen Ausmass. Verfügt, bezüglich der Dinge, die er sammelt, über ein lexikalisches Wissen. Platz ist einerseits ein Wanderer auf dem Pfad zur linken Hand. Andererseits Neofreudianer mit Waffenschein. Liebt Blues und Voodoo, Rock'n'Roll und die schwarze Göttin Kali. Trinkt gerne Single Malt Whisky aus Schottland. Raucht Kette. Ist bereits über 50 Jahre alt. Macht einstweilen weiter. Trotzdem wünscht er nichts sehnlicher herbei als die Apokalypse.

WARNHINWEIS:
Dieser Mann tritt manchmal als katholischer Geistlicher auf, stilecht, mit einem besonders steifen weissen Kragen am Collarhemd. Dies tut er in gänzlich irreführender Art und Weise und ohne jegliche kirchliche Legitimation. Schenken Sie ihm - um Gottes Willen - keinen Glauben. Lassen Sie sich nicht von ihm trauen, ölen oder beerdigen. Lassen Sie sich von ihm keinesfalls Ihre Beichte abnehmen. Geben Sie ihm lieber Ihr Geld.

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