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Der Boden unter unseren Füssen

Manchmal steht man mitten im Leben. Steht da. Und lacht.

Steht da und es fühlt sich vieles, fast alles, gut an und richtig. Man arbeitet viel, wird aber angemessen entlöhnt – ob mit Geld oder aber vor allem mit Lebensqualität. Man unternimmt viel und bekommt dafür gute Gespräche und Diskussionen und liebe Worte und manchmal etwas Streit zurück, der sich aber wieder versöhnen lässt – und das ist: gut.

Und man unternimmt Reisen, mit Freunden, allein. Probiert Dinge, die man nicht kannte und die sich manchmal als hässlich herausstellen und trotzdem war die Erfahrung: gut.

Und man entschliesst sich, Neues zu tun, neue Wege zu gehen, lernt Handorgel spielen oder Pfeilbogen schiessen oder Siamkatzen züchten. Und vielleicht wird man dafür belächelt – und man lernt, dass nicht besser ist, als dann seelenruhig zurückzulächeln. Und so ist sogar Spott für einmal: gut.

Und dann lernt man vielleicht noch, zu vergeben. Denen, die einem Unrecht getan haben. Aber vor allem sich selber – sich vergeben, dass man vielleicht schon ein Drittel seines Lebens hinter sich hat, aber noch lange nicht der Mensch ist, der man sein könnte, sein wollte. Sich vergeben, dass man egozentrisch war, oft, und wenig dankbar, noch öfter. Sich vergeben, dass man nicht aufgestanden ist für einen selbst, wenn man es hätte tun sollen, sich den Verrat an einem selber vergeben. Wenn man das kann. Das ist anstrengend und schwierig und aufreibend, aber: gut.

Und dann ist auf einmal der Boden weg, auf dem man so sicher und bequem stand, der einem die Basis war für alles andere, Ausgangspunkt der Existenz. Der Boden wird einem weggerissen. Mit Worten wie „Wir müssen reden“. Oder „Sie wissen ja, wir müssen sparen, wie alle anderen Firmen auch…“. Oder „Haben Sie diesen Knoten an Ihrem Hals schon lange?“

Und dann ist nichts mehr gut. Vielleicht wird es das wieder. Ziemlich sicher wird es das wieder, denn es war schon oft nicht gut und wurde es wieder. Aber in dem einen Moment ist der Boden weg. Ohne Vorwarnung, ohne Schonung.

Also lasst uns den Boden unter unseren Füssen heute einmal aktiv wahrnehmen. Den Boden und das, was er uns erlaubt, und die Stabilität, die er uns bietet. Ein Hoch auf den Boden, bestehe er nun aus Familie, Freunden, Arbeit, Haustieren.

Ein Hoch auf den Boden unter unseren Füssen.

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Autor: Yonni Meyer

Yonni Meyer (*1982) wuchs dort auf, wo’s mehr Kühe als Menschen gibt. Und das war gut so. Kantonsschule in der Nordschweizer Provinz (Hopp Schafuuse). Studium im Welschland (Sprachen und Psychologie). Umzug an die Zürcher Langstrasse 2011. Seither konstant kulturgeschockt. Ende Juli 2013 Geburt des Facebook-Blogs „Pony M.“
September 2013 Einstieg bei KULT. Ab 2014 Aufbruch in die freelancerische Text-Landschaft der Schweiz. Meyer mag Blues. Meyer mag Kalifornien. Meyer mag Igel. Meyer mag Menschen. Manchmal.

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