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Alte Kleider

Tex Aid
Ich möchte die schmerzhaften, peinigenden Erinnerungen an meine Vergangenheit ausziehen. Sie mir wie einen billigen, kratzenden, schon nach zwei Stunden, miefenden Pullover, vom Leibe reissen. In eine Ecke schmeissen und warten bis zum Waschtag. In Hoffnung auf Linderung. Nach dem Waschen werden die Erinnerungen zwar immernoch grässlich aussehen und kratzen, doch kann ich mich einen Moment lang vom einengenden übelriechenden Monster befreien, bis es wieder zu stinken beginnt.
Besser noch: Ich gebe ihn in die Altkleidersammlung. Soll sich jemand anderes mit diesen Gedanken herumschlagen.
Sie reisen dann womöglich nach Bangladesch, zu einem Bedürftigen, Hungrigen. Der wird meinen Pullover anziehen und dabei lachen. Denn seine Erinnerungen gegen meine einzutauschen – bedeutet für ihn wahrlich Glück.

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Autor: Jelena Keller

Jelena ist von Beruf Journalistin und Sprachlehrerin, Schweizerin serbischer Abstammung. Sie mag lange Texte und langes Grübeln. Sie hat sich daran gewöhnt zu viel zu denken und zu wenig zu schlafen. Wenn sie gar kein Auge zumachen konnte sieht sie die Welt nüchtern und in einem Grauton. Wenn sie ausgeschlafen hat, wandert sie mit ihrem Hund auf grüne Berge, durch bunte Blumenwiesen und rosa Weizenfelder. Schreibt auch mal Gedichte und Kurzgeschichten, reist am liebsten um die Welt und probiert Neues aus. Sie meint tatsächlich, dass sich alle Probleme lösen liessen, wenn man sich nur ab und zu in die Lage des Gegenübers versetzen könnte. Walk in my shoes und so. Trotzdem versteht sie manche Menschen nicht. Die, die sich vor dem Leben und dem Tod fürchten und andere verurteilen. Aber von den meisten anderen denkt sie, sie seien alle Freunde, die sie bloss noch nicht kennengelernt hat.

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