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Teen Mom 2 – Eine sehr ernste Kritik

Ich habe eine Beichte abzulegen.

Vor ein paar Wochen war mir am Wochenende einmal sehr schlimm langweilig. Was tut man da? Genau, man schaut Serien. Da ich die Tudors (love love love), Game of Thrones („Was? DÄ stirbt?? Aber dä isch doch so wichtig!!“-Mittelalter-Inzest-Brutalo-Porno, like) und The Walking Dead („OMG, en Zombie. Und namal en Zombie! Hey lueg, en Zombie“) schon alle gesehen habe, griff ich auf etwas zurück, das unfassbar unterhaltsam und gleichzeitig unfassbar schlimm ist.

Teen. Mom. 2.

Oh ja. Ich hab’s mir richtig hart gegeben, kann ich Euch sagen. Die volle Dröhnung, non-stop, eine Folge nach der anderen.

Plot: Vier Mädchen bekommen mit 16 ein (bzw. zwei) Babys. MTV begleitet sie im Anschluss über ca. drei Jahre. Und ich sage Euch: es ist sooooo gut.

Da ist das Redneck-Meitli Leah aus dem tiefen Süden, das den Vater ihrer Zwillinge (Aliannah und Aleeah, oh ja, so originell ist man da mit den Namen) heiratet. Die bedienten Klischees sind dabei so überwältigend, dass einem beinahe das Hirn weh tut. Der Typ fährt einen Truck und heiratet in einer Army-Print-Weste. Wohnen tun die beiden in einem Trailer. Leider kommt nach ein paar Monaten des ehelichen Zusammenseins ans Licht, dass Leah ihren Gatten eine Woche vor der Hochzeit betrogen hat, was darin resultiert, dass die Gute mit 19 eine „divorced mother of two“ ist. Macht aber nix. Nach 3 Monaten lernt sie den nächsten Typen kennen, verlobt sich nach 2 Monaten mit ihm, zieht mit ihm zusammen und wird schwanger. Ein Hoch auf die amerikanische Heiratsmoral.

Weiter erwähnenswert: Ein Mädchen namens Jenelle. Sehr offensichtlich manisch-depressives Horror-Teenie-Mädchen. Macht sie aber nicht weniger unterhaltsam. Im Gegenteil. Macht trotz Kind übel Party, lernt bösen Jungen kennen. Der heisst Kieffer. Und Kieffer kiefft. Böses Marihuana. Jenelle wird verhaftet, Jenelle ist auf Bewährung, Jenelle kifft, Jenelle wird verhaftet, Jenelle geht in die Rehab, Jenelle kifft wieder, Jenelle wird wieder verhaftet. Und so weiter. Und so fort. Ihr Zwerg wird währenddessen von ihrer verzweifelten Mutter grossgezogen und bleibt seitens seiner Mutter weitestgehend auf der Strecke. Der tat mir dann schon sehr leid. Der Rest hingegen war ein bisschen wie ein Krimi für Justin Bieber Fans. Grossartig. Und heute hat Jenelle nach einem weiteren Gefängnisaufenthalt ein zweites Baby von einem weiteren Typen. Bravo!

Die anderen beiden Mütter sind weniger extrem, aber genauso unterhaltsam:
Kailyn gebärt ihrem Freund Jo ein Kind. Dieser macht „Karriere“ mit „Hiphop“. Man trennt sich, streitet sich, gibt sich gegenseitig unschöne Namen, hasst sich, landet dann aber, obwohl schon neue Partner da sind, doch wieder miteinander im Bett. Drama, Baby, Drama. Ich fand’s toll.
Auch Kailyn hat zum Schluss der 3. Staffel schon einen neuen Freund, den sie mittlerweile auch geheiratet hat. Und ja, ich habe das gegooglet, weil ich es unbedingt wissen wollte. Verurteilt mich nicht.

Zuletzt ist da Chelsea. Verwöhntes Papa-Töchterchen, die sich vom grössten Vollidioten in der nördlichen Hemisphäre schwängern und sich, blind vor Liebe, über die gesamte Dauer der Serie konstant von ihm verarschen lässt. Es ist ein bisschen, wie wenn man einem Versuchshamster zuschauen würde, der einfach nicht schnallt, dass er einen Stromstoss erhält, wenn er nach dem leckeren Guezli greift. Nebst ihrer Liebesqualen wird Chelseas Hund während der Aufzeichnung einer Folge von einem anderen Hund totgebissen. Das einzige Mal, wo auch ich heulen musste. Chelseas Mutter ergreift im Anschluss den einzig richtigen Schritt: Sie ersetzt den Hund sofort durch einen neuen. Bravo Amerika.

Ihr seht, ich habe mich beim Schauen auf einer emotionalen Achterbahn befunden. Geburten, Sex, Trennungen, Streit, Versöhnung, Trucks, tote Hunde. Es war alles da. Ich habe alles zusammen mit diesen Mädchen durchgestanden. Höhen und Tiefen. Und so unterhaltsam das Ganze auch sein mag: es ist absolut tief tragisch und wirft viele Fragen auf. Wer trägt die Verantwortung für solche Lebensgeschichten? Ist es verwerflich, so eine Serie zu produzieren? Ist es verwerflich, sie sich anzuschauen?

Grundsätzlich bin ich einfach froh, dass ich mich zwischen 15 und 18 nicht mit Käseschmiere, Mutterkuchen, Eheringen und Scheidungen auseinandersetzen musste, sondern mich lediglich interessierte, welches lebensgrosse Bravoposter am besten an meine Wand passt. Eine unbeschwerte Jugend – wenn es diese denn geben sollte, denn man erlebt sie selbst ja jeweils als alles andere als unbeschwert, solange man sich mittendrin befindet – ist ein Geschenk. Ich bin dankbar dafür.

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Autor: Yonni Meyer

Yonni Meyer (*1982) wuchs dort auf, wo’s mehr Kühe als Menschen gibt. Und das war gut so. Kantonsschule in der Nordschweizer Provinz (Hopp Schafuuse). Studium im Welschland (Sprachen und Psychologie). Umzug an die Zürcher Langstrasse 2011. Seither konstant kulturgeschockt. Ende Juli 2013 Geburt des Facebook-Blogs „Pony M.“
September 2013 Einstieg bei KULT. Ab 2014 Aufbruch in die freelancerische Text-Landschaft der Schweiz. Meyer mag Blues. Meyer mag Kalifornien. Meyer mag Igel. Meyer mag Menschen. Manchmal.

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