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It’s All Just a Little Bit of History Repeating

Heute kam ich wieder einmal in einen ganz speziellen Genuss. Ich durfte am Morgen um 8.00 Uhr einem Gespräch zwischen zwei Teenie-Mädchen lauschen.

Schon als ich den Zug betrat, machte sich deren Anwesenheit olfaktorisch bemerkbar: Es roch nach einer Mischung aus 1000fach potenzierten Hubba-Bubba-Blüemli-Redbull-Zältli und Parisienne Rosärot extralight.

Gepackt waren die Guten – selbstverständlich – in mit falschem Pelz gezierte Kübelsacknachbildungen und UGGs. UGGs finde ich persönlich bitz schwierig so rein visuell, aber sie sollen ja „uuuuuh mega bequäm“ sein und „uuuuuuh mega warm“. Alsogut. Wenn die Mädchenwelt schon einmal etwas anzieht, weil es bequem ist und warm gibt, dann bin ich dafür. Wir werden ja sonst schon mit bis Mitte Rücken reichenden Tangas und diesen Podologenalbträumen von Heels gequält. Deshalb: ein mütterliches, blasenentzündungsverschonendes High 5 von mir für UGGs.

Anyway. Ich sass denn im Abteil neben den beiden ans Fenster, widmete mich der hochstehenden Lektüre einer grösseren Schweizer Gratiszeitung und fragte mich einmal mehr, wer der Bub ist, der nun den Christian Grey spielen soll. Die sind irgendwie alle 12 und aus Irland. Aber was soll’s. Hauptsache geil.

Da ging’s los: „Ey, gib mal din Lippestift übere, Alti.“ – „Figg di, du häsch din eigne Lippestift, Bitch!“ Das Mädchen, aus dessen Mund diese Worte kamen, war bildhübsch, klein und geschätzte 400 Gramm schwer. By the way: Beide hatten Kopfhörer in den Ohren, weshalb sie sich lediglich schreiend verständigen konnten. Aus ebendiesen Kopfhörern (9.90 im InterDiscount) drang irgendein Brei aus Quietsch-, Rassel- und Bassgeräuschen. Dazwischen eine piepsige Mädchenstimme – oder Justin Bieber, kann ich nicht beurteilen, weiss nicht wie Bieber klingt.

Jedenfalls zog die Lippenstiftsuchende nun tatsächlich ihren eigenen aus der gefälschten Louis Vuitton Tasche und bediente sich beim Auftragen ihres iPhones als Spiegel. Wieder schreiend: „Eynei, ich bin so hässlich hüt, Mann, di ganz Frässi voll Pickel.“ Ihre Freundin, wohl bereits an der Grenze zur Taubheit, bekam diese Äusserung leider nicht mit. Sehr offensichtlich nach Komplimenten fischend folgte „HENEI, ICH GSEH SO MEGA VOLLSCHEISSE UUS HÜT, MANN“. Dieses Mal kam die Äusserung auch bei der Freundin an – sowie auch beim Rest des Zuges sowie geschätzt bei 54% der Weltbevölkerung – und diese sprach die befriedigenden Worte „EH HÖR MAL UF, DU PUSSY, MANN. ICH WÄR HUERE FROH, WÄNN ICH SO GEILI HAAR HETT WIE DU.“ – „SICHERNÖÖÖÖÖD! WÜRKLIIIIIII?? DU HÄSCH DEFÜR VOLL DI GEIL HUUT.“

In dieser Manier wurden dann auch noch Marco und Tarsin besprochen, die beide anscheinend „mega herzig“ sind und auch „huere geil“ und mit denen man am Wochenende unbedingt „use“ wollte, aber es so aussehen lassen wollte, als sei die Begegnung reiner Zufall.

Meine Ohren bluteten innerlich ein bisschen und mein Hirn weinte leise vor sich hin. Vor allem, weil mir schmerzlich bewusst wurde, dass ich als Teenager genau dieselben Themen und Leiden mit meinen Freundinnen besprochen hatte. Auch im Zug. Auch am Morgen um 8.00 Uhr. Zwar mit einem DiscMan und „2Unlimited“, aber in keinster Weise weniger nervig. Das ist wohl das Vorrecht von Teenie-Mädchen.

 

Bild: amazonaws.com

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Autor: Yonni Meyer

Yonni Meyer (*1982) wuchs dort auf, wo’s mehr Kühe als Menschen gibt. Und das war gut so. Kantonsschule in der Nordschweizer Provinz (Hopp Schafuuse). Studium im Welschland (Sprachen und Psychologie). Umzug an die Zürcher Langstrasse 2011. Seither konstant kulturgeschockt. Ende Juli 2013 Geburt des Facebook-Blogs „Pony M.“
September 2013 Einstieg bei KULT. Ab 2014 Aufbruch in die freelancerische Text-Landschaft der Schweiz. Meyer mag Blues. Meyer mag Kalifornien. Meyer mag Igel. Meyer mag Menschen. Manchmal.

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