The legend of twats, pricks, slags and bollards

Jeder hat ein dunkles Geheimnis, das er früher oder später einem Love Interest gestehen muss. Manche tun es beim ersten Date, andere in der Hochzeitsnacht – in jedem Fall übernimmt das Geständnis die Funktion eines Lackmustestes, denn hier entscheidet sich, ob das Gegenüber ernsthaft an einem interessiert ist – also auch Schwächen akzeptiert – und die Beziehung tatsächlich auf solidem Fundament steht. Oder doch nur auf verrotteten Zündhölzli, das man irrtümlicherweise mit einem Banknötli verwechselt hat.

Das zu gestehende Geheimnis kann vielerlei Inhalt haben: Kinder aus früheren Beziehungen sind so ein Klassiker, hohe Geldschulden auch. „Ich trage in meiner Freizeit gerne Frauenkleider“, müsste auch schon manche Frau von ihrem Romeo zugeflüstert bekommen haben. Eine erfolgte Geschlechtsumwandlung dürfte in den mittleren Rängen zu finden sein. Selbst einige „normale“ Vorlieben können eine frisch eingegangene Beziehung hart auf die Probe stellen, sollten sie nicht auf Toleranz stossen. Wie etwa „ich bin FCB-Fan“, „ich wähle SVP“ oder „ich bin begeisterter Fasnächtler“.

Mein dunkles Geheimnis, das ich hier öffentlich mache, ist für regelmässige Leser eigentlich keins mehr: ich stehe auf Trash-TV. Und damit meine ich wirklich geschmacklosen, hirnverbrannten Scheiss. Wie etwa „Jersey Shore“ (siehe auch meine Kolumne von vor zwei Jahren: https://kultmag.ch/article.php?article_id=2556 ).

Seit Anfang Jahr läuft auf MTV das englische Spin off „Geordie Shore“, soeben hat die 4. Staffel begonnen (Sonntags, 21.50 Uhr; bereits in der Eingangssequenz der Pilotfolge meint Charlotte: “Diesmal werde ich ohne Ende trinken, auf Tischen und Stühlen tanzen, mich bekotzen und bepinkeln. Vielleicht bekacke ich mich wieder. Aber diesmal habe ich einen Freund.”). 20 Minuten war es damals immerhin ein Artikel wert. Wir zitieren:

In der ersten offiziellen ausländischen Adaption von MTVs «Jersey Shore», das im nordenglischen Newcastle spielt, erlebt man nichts Geringeres als «ein buntes Kaleidoskop von Sixpacks, Wodka-Shots, Schlägereien, simulierter Fellatio und entblössten Brüsten», so der britische TV-Kritiker Christopher Hooton. Allerdings konstatierte Hooton, dass Kritik an der Show per definitionem unsinnig sei: «Schockiert über die Lüsternheit von ‹Geordie Shore› zu sein ist dasselbe, wie sich über den Mangel an Nährwert in einer Packung Instant-Nudeln zu echauffieren.» Eine Parlamentsabgeordnete für Newscastle beschrieb die Show als «hart an der Grenze zu Pornografie».
Zitat Ende.

Gerne lasse ich nochmals Charlotte aus der Pilotfolge zu Wort kommen: “Scott und ich sind erst zwei Monate ein Paar. Das ist noch nichts Ernstes, aber es kann etwas aus uns werden. Denn wenn ich nachts furze, stecken wir beide den Kopf unter die Decke und riechen.”

Tatsächlich sind die Geordies auf den ersten Blick vulgärer, billiger und hässlicher, vor allem aber beim Aufreissen und Abschleppen erfolgloser als die Originale aus Jersey.

Was die Show aber sehenswert (oder präziser: hörenswert) macht, ist das fulminante British-English, das die Darsteller dramaturgisch auf hohem Niveau genüsslich in die Kamera fliessen lassen.

Nirgends sonst konnte ich in so kurzer Zeit derart viel Flüche und Schimpfwörter aufnehmen – und erst noch stets vorgetragen mit absoluter Contenance und Noblesse: zu „prick“ gesellen sich nun neu auch „twat“, „slug“ oder „bollard“ zu meinem Wortschatz.

Ebenfalls eine Offenbarung sind die situationsbedingten Sprüche, nicht selten Metaphern. Sie sind vor allem deshalb beeindruckend, weil die Protagonisten knapp 20 und absolute Dumpfbacken sind – und trotzdem mit einer Sprachmelodie und einem Duktus reden, als würden sie ihre Zeit tagsüber auf einer Elite-Universität verbringen – und nicht mit Einreiben von Selbstbräuner.

Zum Abschluss darum hier ein paar willkürlich ausgewählte Quotes, die enwteder Lust auf mehr machen – oder darauf, den Fernseher zu verkaufen:

“Shall we just get pissed and see what happens?“ (James)

“They’re like Romeo and Juliet, if Romeo was a twat” (Vicky)

“I’ve got more important things to concentrate on, like the cock.” (Charlotte)

“I feel like my stomach has just fell out my arsehole.” (Charlotte)

“The lasagne is looking a bit brown, I’m wondering if Joel’s got his fake tan mixed in by mistake” (James)

“When we were all learning to ride a bike, Holly was learning to suck cock.” (Charlotte)

“The only hole I’m getting is the one in my Cheerios.” (James)

“I’m not used to getting salt water in my eye. Apart from cum.” (Charlotte)

http://www.20min.ch/entertainment/tv/story/Boelken–bumsen–Braeunungsduschen-11471552

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Autor: Henrik Petro

In den 90ern prägte Henrik als Moderator von Sputnik TV trotz seines Ostschweizer Dialektes die Erinnerungen der Partyjugend bis heute. Während mehrere Jahre war er Chefredaktor des gleichnamigen Magazins. Später schrieb er fürs Fernsehen (u.a. Chefautor von Dieter Moor und Rob Spence, eine Folge der SitCom "Fertig Luschtig") und produzierte auch (u.a. 150 Folgen von "Der Scharmör"). Er war die ersten Jahre von Radio Street Parade Musikchef und war dann später einige Jahre Autojournalist.

Arbeitet heute hauptberuflich als Frauenversteher, aber da er von seinen Freundinnen, BFFs, Kolleginnen und wem er sonst noch sein epiliertes Ohr leiht, kein Geld dafür verlangen kann, dass sie ihm ihre Männerprobleme in allen Details schildern, arbeitet er zusätzlich noch gegen Entgelt als Chefredaktor in einem Fachverlag. Damit sein Hirn unter dieser Belastung (und wegen Handy-Antennen) nicht explodiert oder eine Selbstlobotomie durchführt (was ihm zwar die Aufmerksamkeit von Gunter von Hagen garantieren und somit zur Unsterblichkeit verhelfen würde), schreibt er Kolumnen für kult. Am liebsten über menschliche Begegnungen. Oder überhaupt über Menschen. Oder darüber, was Menschen so tun. Oder getan haben. Oder tun könnten. Oder sagen. Oder gesagt haben. Oder sagen könnten.

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