Als ich heute morgen auf dem Weg zur Schule war, bat mich eine ältere Dame, wackelig auf den Beinen und mit Wut auf alles und jeden, sie über die Strasse zu führen. Das tat ich natürlich gerne, und während den nächsten 20 Metern und fünf Minuten erzählte sie mir alles über die allgemeine Ungerechtigkeit unserer Gesellschaft. Verbittert schien sie nicht, meines Erachtens, nur masslos enttäuscht vom Leben. Die Welt ist böse. Das erkärte sie mir ausführlich. Nach dem Zebrastreifen kaufte ich ihr eine Zimtschnecke und sie bedankte sich herzlich, ging daraufhin ihren Weg und ich den meinen. Dann machte ich mir Gedanken über ihre Worte und ihre Überzeugung, dass die wahr sind. Überzeugt haben sie mich jedoch bis jetzt nicht. Es steht ausser Frage, dass viel Schreckliches geschieht. Viel ungerecht ist. Dass es Tage gibt, die einfach zum Kotzen sind. Wieso ihre Worte mich nicht überzeugten weiss ich nicht, ich weiss bloss, gerade bin ich verliebt in alles und jeden, Schreckliches scheint nicht ganz so schlimm, Gutes dafür umso besser.
Wenn die Welt böse ist, warum bin ich dann so glücklich?
Und vor allem, wenn die Welt böse ist, warum lächelte sie dann 20 Meter, fünf Minuten und eine Zimtschnecke später wie mein kleiner Bruder am Weihnachtsmorgen? Die Welt ist nicht böse, glaube ich, genau so wenig wie sie gut ist. Die Welt ist. Und wir sind. Wie, das ist uns überlassen.

NIRVANA TRAIN
