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Ostern gestern und heute

Ja, als wir noch klein waren (okay, damit diskriminiere ich Leser, die immer noch klein sind, darum: als wir noch Kinder waren), da war Ostern noch… ja, was war es eigentlich? Und was ist es heute? Zeit für eine Gegenüberstellung.

 

Ostern gestern

Ein grosser Schoggihase, ganz normal aus Milchschoggi and nothing else, an dem man tagelang knabberte; zuerst begann man mit den Ohren, einzelne Bruchstücke fielen in den Hasen hinein, die grossen fischte man wieder heraus, den kleinen begegnete man wieder, wenn man sich bis zum Boden durchgearbeitet hatte. Ja, der Boden, nach den Ohren das massivste Stück, auf das man sich besonders freute. Allerdings schmeckte er, bis man es zu ihm geschafft hatte, meist nicht mehr so frisch, weil man sich seine Ration Tag für Tag aufsparte und das Unvermeidliche so lange heruaszögerte, wie möglich. So kam halt die Kakobutter an ihr Verfallsdatum. Und manchmal, das war dann schon First Class, da gab es noch dieses grosse Schoggi-Osterei: eine Halbschale aus Milch- oder Krokantschoggi unten, wähernd oben eine Plastikform diveserse Pralinés fasste. Zuerst die Pralinés, dann die Halbschale, die nach sorgfältig eingesetztem Druck mit einem „Krock“ zerbrach. KROCK!!

 

Ostern heute

„Schatz, wieder ein Schogihaase, was soll ich tun?“ – „Stell ihn zu den anderen!“ – „Ja aber es ist so ein Kiloteil. Vom Sprüngli. Der hat definitiv keinen Platz mehr auf dem Sideboard.“ – „Hm dann stell ihn in den Schrank.“ – „Und wenn er wieder vergessen geht?“ – „Set wann vergisst du irgendetwas, das aus Schoggi ist?“ – „Wahnsinn. Was tun wir eigentlich mit all diesen Schoggihasen?“ – „Ostern feiern!“ – „Ja aber das ist doch erst in drei Wochen..?“ – „Mami! Papi! Peter nennt mich einen Fettmops! Heul!!!“ – (Mami und Papi gleichzeitig) „Neiiiiin, das bist du nicht!“

 

Familie gestern

Ostern war immer die Zeit, die Familie zu besuchen. Das bedeutete lange, sterbenslangweilige Autofahrten – es gab damals weder OnBoard-DVD noch Internet-Handys, und die Autos waren innen alle laut, weischno? – an irgendwelche Orte, wo man noch nie war, zu irgendwelchen Leuten, die man noch nie gesehen hatte, die einen dann aber verzückt ansahen und Dinge sagten wie „bist du grooooosss geworden!“, und die einen dann umarmen oder gar kneifen mussten. Es gab ungewohntes Essen, das man stehen liess, zum Glück war Ostern, auch Schokolade taugt zum Überleben. Man wurde, damit sich die Erwachsenen gemeinsam betrinken konnten, zu anderen Kindern ins Zimmer gesteckt, die genau so missmutig und angeödet da sassen, bis man irgendwann merkte, dass man ganz gut miteinander zurecht kam, ja sogar super spielen konnte und in einem halben Tag zu den besten Freunden wurde, sich versprach, wieder einmal einander zu besuchen, die Ferien miteinander zu verbringen, als Erwachsene dann in zwei Häusern nebeneinander zu wohnen, um dann nie mehr irendetwas voneinander zu hören. Ein kindlicher Onenightstand quasi.

 

Familie heute

„Schatz, haben wir genügend Prosecco im Kühlschrank?“ – „Ich denke schon, sonst kann ich ja rasch zur Tanke.“ – „Wie siehts mit Knabberzeugs aus?“ – „Auch genug, sonst kann ich ja rasch zur Tanke.“ – „Wie seh ich aus?“ – „Super, Schatz, wie immer!“ – „Aber das nächste Jahr kann mal jemand anders den Osterbrunch ausrichten.“ – „Schatz, das sagst du jedesmal. Und dann kannst du es kaum erwarten, unsere Freunde einzuladen.“ – „Das stimmt auch wieder. Hätten wir vielleicht nicht doch ein paar aus unserer Familie einladen sollen?“ – „Wieso? Die sehen wir ja auch sonst das ganze Jahr nie..?“ – „Nicht mal unsere Eltern?“ – „Du willst unseren Freunden unsere Eltern zumuten? Du willst schon, dass sie Freunde bleiben… also wir..?“ – „Sorry Schatz, du hast recht. Es reicht schon, dass wir an Weihnachten antraben müssen.“ – „Eben.“

 

TV Programm gestern

„Hier Kinder, setzt euch vor den Fernseher, damit die Erwachsenen mal unter sich sein können.“ – „YEAH! JIPPIEH! Was läuft egentlich?“ – „Auf Kanal 1 kommt ‘Die zehn Gebote’, auf Kanal 2 ‘Quo Vadis’ und auf Kanal 3 ‘Ben Hur’.“ – „???“ – „Und auf Kanal 4 kommt ‘Pinocchio’“ – „?????“ – „Ein Zeichentrickfilm.“ – „YEAH! JIPPIEH!“

 

TV Programm heute

„So ein Mist! Jetzt wollte ich die besten 17 Filme, die über Ostern laufen, aufnehmen, habe aber auf meinem Digital Recorder nur Platz für 12 Filme!“ – „Dann schauen wir heute zwei direkt und morgen die drei anderen hintereinander auf Replay?!“ – „Genial!“ – „Ach Mami, Papi, ihr seid ja soooo hinter dem Mond! Heutzutage streamen wir alles über Laptop auf Movie4k!“ – „Wo?“ – „Ach vergiss es. Wo ist eigentlich der Sprüngli Schoggihase? Der grosse vom Götti? Und wehe du hast ihn gegessen..!“ – „Also sowas gabs noch nicht damals, als wir 11 Jahre alt waren…“

Frohe Ostern!

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Autor: Henrik Petro

In den 90ern prägte Henrik als Moderator von Sputnik TV trotz seines Ostschweizer Dialektes die Erinnerungen der Partyjugend bis heute. Während mehrere Jahre war er Chefredaktor des gleichnamigen Magazins. Später schrieb er fürs Fernsehen (u.a. Chefautor von Dieter Moor und Rob Spence, eine Folge der SitCom "Fertig Luschtig") und produzierte auch (u.a. 150 Folgen von "Der Scharmör"). Er war die ersten Jahre von Radio Street Parade Musikchef und war dann später einige Jahre Autojournalist.

Arbeitet heute hauptberuflich als Frauenversteher, aber da er von seinen Freundinnen, BFFs, Kolleginnen und wem er sonst noch sein epiliertes Ohr leiht, kein Geld dafür verlangen kann, dass sie ihm ihre Männerprobleme in allen Details schildern, arbeitet er zusätzlich noch gegen Entgelt als Chefredaktor in einem Fachverlag. Damit sein Hirn unter dieser Belastung (und wegen Handy-Antennen) nicht explodiert oder eine Selbstlobotomie durchführt (was ihm zwar die Aufmerksamkeit von Gunter von Hagen garantieren und somit zur Unsterblichkeit verhelfen würde), schreibt er Kolumnen für kult. Am liebsten über menschliche Begegnungen. Oder überhaupt über Menschen. Oder darüber, was Menschen so tun. Oder getan haben. Oder tun könnten. Oder sagen. Oder gesagt haben. Oder sagen könnten.

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Zukkihund Kult April 2014