Der Samstag Nachmittag war damals nur vollkommen mit dem Disney Club und mit Stefan, Ralf und Antje. Das Format präsentierte uns Kids die richtige Dosis an Cartoons und Spass. Und dann war da noch Gwen Obertuck. Die trat öfter im Disney Club auf und wurde zum Gesicht der meisten Disney Songs der Neunziger und sang später auch mit David Hasselhoff. Wir machten uns auf die Suche nach Gwen und wurden sogar fündig.
KULT: Wo erwisch ich dich denn gerade? Ich hab nämlich irgendwo gelesen, dass du in die Staaten ausgewandert bist.
Gwen: Das ist richtig. Seit 1999 lebe ich in den Staaten. Ich war Studentin in einem Internat, „The Northfield Mount Hermon“-Schule, wo viele internationale Studenten zusammen lebten. Das war eines der besten Jahre meines Lebens. Ich lernte viele Freunde aus aller Welt kennen, alle aus verschiedenen Kulturen. Danach studierte ich ein Jahr beim „Berklee College of Music“, eine Musik-Schule in Boston. Das war eines der schwersten Jahre in meinem Leben. Meine Eltern zogen kurz darauf nach Seattle und da ich in der Nähe von meiner Familie sein wollte zog ich mit. Ich machte eine Lehre als Medizinische Verwaltungsassistaentin und ich arbeite seit über 10 Jahren auf diesem Gebiet.
KULT: Wo lebst du denn jetzt?
Gwen: Ich lebe zur Zeit mit meinem Sohn im Umkreis von Seattle, in der Nähe von meinen Eltern. Er ist eine grosse Freude für mich und seine Grosseltern. Er lernt gerade das Krabbeln und Stehen, und sein Neugier und Freude für das Leben ist extrem ansteckend. Er ist ein sehr glückliches Kind.
KULT: Wenn du zurück denkst an deine Kindheit und speziell die frühen Neunziger, wie würdest du diese Jahre so beschreiben.
Gwen: 1990, da war ich gerade zehn Jahre alt, unterschrieb ich einen Vierjahresvertrag mit Disney in Deutschland. Es war eine hektische aber auch eine sehr schöne Zeit. Meine Mutter passte super auf mich auf und wir besuchten für meine Auftritte zusammen viele verschiedene Städte in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Ich lernte viele Künstler kennen und es machte mir damals viel Freude im Rampenlicht zu stehen. Hinter oder vor der Kamera war damals kein grosser Unterschied für mich.
KULT: Ich als Kind mit 83er Jahrgang kenne dich natürlich zuerst aus dem Disney Club. Wie kamst du damals eigentlich zu dieser Show?
Gwen: Da ich mit Disney-Deutschland einen Vertrag hatte, präsentierte ich oft die aktuellen Disney-Filme mit den neuesten Liedern. Meine erste Single war aus „Bernhard und Bianca im Känguruhland“. Am Ende des Filmes hört man meine Stimme. Ich hatte viel Spass mit den anderen Schauspielern und wurde oft eingeladen mehrere Disney-club Shows zu machen und auch die neuesten Lieder von meinen Alben vorzusingen.
KULT: Und dann kamm «Wir zwei Allein». Wie kamst du eigentlich zum Duett mit David Hasselhoff? Musstest du ein Vorsingen absolvieren?
Gwen: David arbeitete damals mit einem deutschen Produzenten-Team. Die Tochter einer der Produzenten sah mich zufällig im Disney-Club und schlug ihrem Vater vor mit mir in Kontakt zu treten. Da sie schon meine Stimme vom Disney-Club her kannten, musste ich kein Vorsingen absolvieren. David machte seine Aufnahme in Los Angeles und ich machte meine in München. Es wurde dann im Studio abgemischt. Das erste Treffen mit David hatte ich in Bonn, wo wir ein gemeinsames Foto Shooting absolvierten.
KULT: David war damals ja ein richtig grosser Star und musikalisch in seiner Prime Time. Warst du da irgendwie gehemmt mit ihm aufzutreten oder wie steckt man das als Kind so weg, dass man da gerade mit dem Star aus „Baywatch“ und „Knight Rider“ auf der Bühne steht?
Gwen: Ich muss ehrlich gestehen, damals hinter der Bühne mit den vielen Künstlern zu sein, die ich nur aus dem Fernsehen kannte, da kam ich mir manchmal wie in einem Film vor. Nicht weil ich sie nicht als normale Menschen betrachtete, sondern es kann einem etwas komisch vorkommen wenn jemand, den man nur aus dem Fernsehen kennt, plötzlich mit dir redet. Man fühlt sich, als ob man diesen Menschen schon kennt, aber gleichzeitig nicht kennt. Besser kann ich das nicht beschreiben. Ich weiss nur noch, dass ich beim „Verstehen Sie Spass?“-Auftritt sehr erleichtert war, auf der Bühne unter einer Bett-Decke kriechen zu können, weil meine Knie zitterten.
KULT: Warst du damals mit David auch auf Tour?
Gwen: Ich ging nur teilweise auf Tour mit ihm, weil ich nicht zu viel Schule verpassen wollte. Ich weiss noch, dass wir einen Auftritt in Atlantic City hatten und für Donald Trump gesungen haben. Seine Frau hatte Geburtstag und David machte eine grosse Show für sie. Mit dabei waren auch ein paar von den Baywatch-Stars. Ich hatte viel Spass hinter der Bühne mit Jeremy Jackson und seiner Mutter. Er war mein heimlicher Schwarm damals!
KULT: Hast du mit David auch heute noch Kontakt?
Gwen: Wir könnten durch unsere Produzenten Kontakt halten, aber es ist nicht so, dass wir oft miteinander reden. Ich habe das letzte Mal mit ihm gesprochen als wir 1997 unser Auftritt hatten in der „Thomas Gottschalks Weihnachts-Party“.
KULT: Was geschah in deinem Leben so nach „Wir zwei allein“?
Gwen: Ich versuche es kurz zu fassen, obwohl ich mir gerade überlege, ob ich ein Buch schreiben soll. Im Jahre 2000 zog ich mit meinen Eltern zurück in die Staaten. Kurzgefasst nach „Wir Zwei Allein“: Erfolgsgefühle. Umzug in die USA. Kulturschock. Universität und Arbeit. Nervenzusammenbruch. Heimweh. Und noch viel mehr. Jetzt bin ich an einem Punkt in meinem Leben, wo ich die Verantwortung als Mutter kennenlerne und das ist ehrlich gesagt die grösste Verantwortung die man tragen kann. Zuschauen wie sie wachsen, krabbeln, lernen zu babbeln und reden, eventuell singen und tanzen. Man lernt wieder wie ein Kind zu denken und zu fühlen. Das war und ist immernoch die allergrösste Freude für mich. Wenn es eins gibt was ich bis jetzt aus dem Leben gelernt habe: „Ohne Schmerzen und Herzensleid kann man das Glück schwer erkennen“.
KULT: Wie schaust du auf deine Gesangskarriere zurück? Vermisst du es als Sängerin auf der Bühne oder im TV zu sein?
Gwen: Ich schaue mit stolzem Blick auf meine Gesangskarriere zurück, jedoch vermisse ich es nicht mehr. Ich bin froh, dass ich diese Erfahrung gemacht habe. Es hat mir gezeigt, dass das Leben nicht nur aus “Hollywood” besteht. Es gibt mehr. Familie, Kinder, Natur geniessen und ein Leben mit viel weniger Stress.
KULT: Konntest du deine Kindheit so richtig geniessen oder musstest du wegen deiner Karriere auf vieles verzichten?
Gwen: Ich habe meine Kindheit genossen, aber als mein Vertrag mit Disney begann, lernte ich grosse Verantwortung und Druck kennen. Ich denke oft daran, wie es wohl gewesen wäre, hätte ich diese Erfahrung nicht gemacht. Ich glaube, durch diese Erfahrungen habe ich wichtiges gelernt. Erstens, das Leben kann sich jederzeit drastisch ändern. Zweitens, ob man reich oder arm ist, die Lebensfreude ist meistens eine Perspektive. Drittens, ich glaube wir alle sind hier auf Erden um uns als Mensch zu erweitern und jeder Mensch hat Verschiedenes zu lernen. Als einzelner Mensch kann man nicht alles verstehen. Aber man kann immer das Beste aus einer Situation machen, in der Hoffnung, dass es ein Gott gibt, der weiss, was er tut.
KULT: Planst du gerade ein Comeback?
Gwen: Momentan nicht. Zumindest nicht als Sängerin. Ich dachte für eine Weile darüber nach, aber mitten im Rampenlicht zu stehen ist nicht wirklich das, was ich machen möchte. Songs schreiben, das wäre so eher mein Ding. Ich schreibe schon seit Jahren meine eigenen Lieder und erst jetzt tut sich was. Es hat viel Mühe gekostet meine eigenen Songs aufzunehmen und im Internet zu posten, weil ich sehr oft an mir selbst zweifelte. Jedoch, je älter ich werde, desto weniger interessiert es mich, ob es anderen gefällt oder nicht. Hauptsache ich habe Spass dabei und natuerlich macht es mir eine grosse Freude wenn meine Songs auch bei anderen gut ankommen.
Ich habe zudem in Kunst eine neue Leidenschaft gefunden. Ich male sehr viel und auch gerne. Ich hoffe, dass ich bald meine Kunst-Website auf dem Markt bringen kann. Ebenso habe ich vor kurzem einer meiner selbst geschriebenen Songs im Internet gepostet, es ist aber nur ein Demo, welches auf Soundcloud zu hören ist.
Ich habe bis heute Heimweh nach Deutschland und vielleicht eines Tages, wenn sich was musikalisches tut, kann ich meine alte Heimat wieder sehen. Ich halte noch Kontakt mit vielen Freunden, die ich auch sehr vermisse. Ich bin aber sehr dankbar, dass ich als Amerikanerin die Chance hatte in Deutschland leben zu können und verschiedene Kulturen kennenzulernen. Ich bedanke mich auch bei meinen Fans, die über die Jahre nur Treue und Herz gezeigt haben.
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