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Die Bitches, die ich meine….

Nichts bringt mich schneller auf die Palme als eine Bitch. Damit geht es mir wie den meisten Menschen. Nur dass nicht alle so sensibel auf Bitches reagieren wie ich. Dazu muss man ja eine Frau erst mal als Bitch erkennen. Ich aber habe ein besonderes Sensorium dafür, weil ich selber eine bin. Oder sein kann, wenn es sein muss. Ich würde sogar behaupten, das gehört zu meinen besten Eigenschaften. Und auch wenn ich das Timing nicht immer ganz im Griff habe und auf mein gebitche auch nicht immer stolz bin – oft schon war ich froh darum.

Früher hätte ich mich mit Händen und Füssen dagegen gewehrt, so bezeichnet zu werden. So wie ich beinahe eine Schlägerei anzettelte, als ich zum ersten Mal Schlampe genannt wurde. Heute sehe ich das gelassener. Wörter sind Wind – wichtig ist, was dahinter steckt.

Ja, ich kann eine Schlampe sein, Und eine Bitch sowieso. Ich finde auch, es sollte mehr Bitches geben. Damit meine ich aber nicht etwa Frauen, die ihre fehlende Intelligenz mit Sex-Appeal kompensieren und damit Männer, deren Intelligenz Sklavin ihres Triebes ist, in den Vorhof der Hölle bringen. Die Bitches, die ich meine, sind Frauen mit dem Willen zur Macht und dem Wissen, wie sie dahin kommen. Es sind Alphatiere. Alphatiere neigen dazu, Rangordnungen zu etablieren. Das Interessante an Alpha-Frauen aber ist, dass sie nicht immer dominieren müssen, sondern sich je nach Situation auch unterwerfen können – ohne damit ihren Status zu verraten. Sie spielen das Spiel von Dominanz und Unterwerfung, sie verführen damit und schauen aber zu, schön oben zu bleiben.

Inzwischen gibt es sogar schon ganze Serien über die Spezies. House of Cards etwa dreht sich vornehmlich um Claire Underwood, die ehrgeizige Karrieristin. Sie ist keine wirklich sympathische Figur: Kühl, beherrscht, brillant, immer auf den eigenen Vorteil bedacht. Und trotzdem liebe ich sie.

Vielleicht identifiziere ich mich mit ihr, nur zum Teil zwar, aber es ist der interessantere Teil. Denn sie ist nicht durch und durch böse. Manchmal ist sie auch verletzlich. manchmal denkt man, sie will das Gute. Was natürlich naiv ist. Aber sind nicht jene Bösewichte, denen man wider besseren Wissens Sympathie entgegenbringt, die interessantesten? Vielleicht bin ich auch in sie verliebt. Vielleicht erinnert sie mich auch an eine gestrenge Mutter. Ich finde gestrenge Mütter super – solange sie auch gerecht und liebevoll sind. Mütter, die etwas von ihren Kindern fordern und zwar weil sie sie lieben.

Ich glaube nicht, dass die Welt eine bessere wäre, wenn alle Frauen wären wie Claire Underwood. Aber ich hätte auch nichts dagegen, wenn es mehr davon gäbe: Komplexe, mutige, ehrgeizige, interessante Frauen, die etwas mehr vom Leben wollen, als nur zu Hause rumsitzen. Auch wenn sie manchmal vielleicht etwas unangenehm sein können.

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Autor: Michèle Binswanger

Michèle Binswanger ist auf dem Land aufgewachsen und liebte Pferde. Dann studierte sie Philosophie und wäre fast Philosophin geworden. Aber weil ihre Kommilitonen immer so aussahen, als wären sie Jahre unabgestaubt im Schrank gestanden, erschien ihr das zu unglamourös. Also wurde sie Journalistin. Das ist zwar auch nicht viel glamouröser, aber der Job machte Spass. Die Phrasen, die sie in ihrem Job am häufigsten hört, sind: „Das ist aber mutig“. Und: „Ich bin zwar nicht immer gleicher Meinung, aber schreiben kannst du.“ Das würde sie auch unterschreiben.

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