Weshalb glauben eigentlich Hundehalter, sie besässen das Recht, auf der Strasse wildfremde Menschen anzusprechen, alleine aufgrund der Tatsache, dass diese ebenfalls einen Hund an der Leine führen? Dies ist ein weitverbreitetes Phänomen, welches sich mir als Hundebesitzer immer aufs Neue offenbart.
Ich selber verspüre jedenfalls nicht die Spur eines Bedürfnisses jemanden anzuquatschen, bloss weil da unten an seiner Leine ein zotteliges Viech hängt. Und zwar ganz egal, ob es sich nun um ein süsses, quickfideles Ding oder einen hässlichen, abgehalfterten Fratz handelt. Ich denke mir meine Sache und gehe zum Tagesgeschehen über. Andersherum gelte ich hingegen offenbar als Freiwild, wenn ich mich dann und wann mit meinem Dackel blicken lasse. Bin ich alleine unterwegs, würdigen mich die Hundefanatiker keines Blickes und schenken ihre volle Aufmerksamkeit ihrem Vierbeiner. Oder sie schauen sich nach einem potentiellen nächsten Anquatschopfer um.
Begleitet mich besagter Dackel, ZACK! noch vor der nächsten Hausecke eine Pudel-Besitzerin: „Hei, ist der Süss! Nicht mehr der Jüngste, hä?“ „Nein, er hat schon das eine oder andere Jährchen auf dem Bückelchen“, erwidere ich üblicherweise anstandshalber. Es ist aber selten getan mit zwei einfachen, nett gemeinten Sätzen. Meist gehts dann erst richtig los. Da erfährt man, dass die Dame ebenfalls einen Dackel in ihrem Haustierstammbaum vorzuweisen hat. Und dass es dieser ebenfalls mit dem Rücken gehabt hatte, weils Dackel ja gerne mit dem Rücken haben. Haben sie tatsächlich, aber muss ich deswegen mit jedem dahergelaufenen Herrchen Erfahrungen austauschen? Es ändert sich nichts an der Tatsache, auch wenn man sie zigmal wiederholt. Besonders dann nicht, wenn die Pudeldame berichtet, dass ihr kleiner Dackel leider nicht sehr alt geworden und an Herzverfettung gestorben sei. Da würde auch mein Hinweis, dass Hunde-Chiropraktiker dem Rückenleiden Linderung verschaffen hätte können, nichts mehr nützen. Der fette Kamerad ist tot, da sind weitere Ratschläge obsolet. Geholfen hätte wohl ohnehin viel eher eine Radikaldiät, aber eben: Tempi passati, cane passato – wie schon ein altrömisches Sprichwort sagt.
Ich will von fremden Hundeschicksalen nichts wissen. Genau so wenig, wie ich zum gefühlt hundertsten Mal zu erzählen Lust habe, dass mein Dackel-Opa zwar etwas wackelig auf den Beinen, aber trotz seines hohen Alters (man rechnet ja scheints beim Hundealter siebenmal das Menschenalter, schon krass, dann wäre der Kleine bald 112 Jahre alt, unvorstellbar, aber ob das tatsächlich so ist, kann niemand mit Gewissheit sagen, so ist er halt einfach ein älterer Herr mit viel Lebenserfahrung, basta) noch ganz rüstig sei. Ich will ganz einfach Gassi gehen, den Dackel Bäume beschnuppern und ihn da und dort seine Marke hinterlassen lassen.
Herrje! Nun habe ich Sie minutenlang mit meinen Hundegeschichten belagert. Es ist wohl soweit: Ich bin bereits einer von ihnen…