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Gesinnungsfaschismus

Ja, Rassismus hat selten etwas Gutes hervorgebracht. Und Worte wie „Scheissnigger“ oder „Zigeunerhure“ oder solches Zeugs klingen auch in meinen Ohren nicht wie ein Menuett. Und Leute, die diese oder noch dümmere Ausdrücke in ihrem Alltagsvokabular führen halte ich auch nicht für sehr ausgeglichen. Es zeugt weder von guter Erziehung noch von zivilisiertem Verhalten. Es nervt. Es deckt sich so überhaupt nicht mit meinem Weltbild. Wie es grundsätzlich nicht meinem Weltbild entspricht, andere wegen ihrer Andersartigkeit zu beleidigen oder masszuregeln. Entweder ich lasse mich von ihnen inspirieren oder ich gehe weiter. Ich muss mich aber auch nicht umsverrecken mit jedem solidarisieren, der anders ist als ich. Auch nicht, wenn es grad angesagt ist. Ich war nicht Charlie und ich hatte keinen Regenbogen über meinem Profilbild. Ich gehöre auch nicht zu denen, die in vollster intellektueller Verschrobenheit Texte gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verfassen, weil ich damit von jenen Leuten, die es angehen würde, sowieso nicht verstanden würde. Ich mag solche Texte auch nicht mehr lesen, weil ich nicht Zielpublikum dieser Empörungen bin, so wie die allermeisten, die solche Texte zu Gesicht bekommen. Mehr noch: Sie langweilen mich langsam. Sie sind am Ende doch nichts weiteres als ein Profilierungsmittel: „Schaut mal, ich bin gegen Rassisten, bin ich nicht toll?“ Nicht, dass Sie mich jetzt falsch verstehen, es geht mir nicht um Verharmlosung oder ähnliches. Ich mag einfach nicht in jenen Chor einstimmen, der sich nun je länger je mehr zu einem Gesinnungsfaschismus auf der anderen Seite entwickelt. Gesinnung ist nicht strafbar. So hässlich sie auch ist. Wenn aus einer Gesinnung Straftaten entstehen, dann ist das was anderes. Dann gehören diese Straftaten verfolgt und gesühnt. Gesinnung verfolgen dagegen ist gefährlich. Das war in Nazideutschland so, und das war nach der französischen Revolution nicht anders. Wir sollten also einfach ein bisschen lockerer werden und uns um die Probleme kümmern, die anstehen. Und aufmerksam bleiben. Damit wir nicht vor lauter nach rechts schauen plötzlich links in den Hammer laufen. Und umgekehrt.

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Autor: Rainer Kuhn

Rainer Kuhn (*1961) hat das ganze Ding hier gegründet, aufgepäppelt, fünf Mal neu erfunden, vorher Werber, noch vorher Betriebsökonomie studiert, noch vorher Tennislehrer gewesen. Dazwischen immer mal wieder ein Kind gemacht. Wollte eigentlich mal Pferdekutscher im Fex-Tal werden, später dann Pfarrer. Im Herzen ein Landbub, im Kopf dauernd unterwegs. Schreibt drum. Hat ein paar Gitarren und ein paar Amps in der Garage stehen. Macht Musik, wenn er Zeit hat. Hat er aber selten. Blues und Folk wärs. Steht nicht gern früh auf. Füllt trotzdem die Kult-Verteilboxen jeden Monat mehrmals eigenhändig auf. Fährt Harley im Sommer. Leider mit Helm. Mag Mainstream-Medien nicht. Mangels Alternativen halt Pirat geworden. Aber das ist manchmal auch streng.

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