Vollgepumpt mit einem enormen Selbstvertrauen, welches ich mir diesen Sommer in der Strandbadi bei unzähligen Mätschli geholt hatte, betrat ich die Turnhalle Riesbach. Hier trainiert der TTC Young Stars Zürich. Und hier sollte auch mein Traum wahr werden, mich endlich mit einem Tischtennis-Crack messen zu können. Der 18-jährige National-Liga B Spieler Dominik Moser erbarmte sich meiner und schenkte mir eine halbe Stunde seiner kostbaren Zeit, um mich zu trainieren und zwei Sätze gegen mich zu spielen. Ein besonderes Privileg, denn weshalb sollte ein junger Mann, der voll im Saft steht und fünf mal die Woche trainiert, seine Zeit mit einem alternden Alka Seltzer-Junkie mit Forrest-Gump-Fixierung verschwenden? Na, weil er einfach ein netter Kerl ist, deshalb.
In der Halle standen mehrere Tischtennistische und an jedem wurden emsig gelbe Bälle hin- und hergeackert. Ich hatte das Gefühl, in einer riesigen Mikrowelle zu stehen, in der gerade das Popcorn explodiert. Bis hin zum kleinsten Spieler wurden da Bälle geschmettert, die danach wie kleine Kometen durch die Luft flogen, um dann wieder zurückgeschmettert zu werden. Ich muss gestehen, dass mich dieses Geschmetter ziemlich einschüchterte. In der Strandbadi wurde nicht soviel geschmettert.
Dominik hatte extra für mich einen Pingpong-Schläger für Profis mitgebracht. Nicht so eine billig genoppte Fliegenklatsche aus der Migros, wie ich sie dabei hatte, nein, ein wunderschönes, schwarzes Luxusholz mit richtig fett Gummi drauf. Und der Gummi war klebrig, damit man die Bälle besser schneiden kann. Beim Einspielen schlug ich die Bälle weit übers Ziel hinaus. Als hätte Harry Potter den Schläger mit einem bösen Fluch verzaubert, spickten die Bälle in alle Richtungen, nur nicht dorthin wo ich wollte. Jeder Fehler wurde von mir mit einem ungläubigen Kopfschütteln und einem gelachten „Hallo!?“ quittiert. Aus Dominiks Schmunzeln konnte ich entnehmen, dass er bei seinem Herausforderer ein etwas höheres Niveau erwartet hatte.
Also mit diesem Profi-Schläger ging gar nichts. Reumütig krebste ich zurück und nahm wieder mein abgewetztes Migrosbrett. So konnte ich die Bälle wenigsten einigermassen zurückbringen. Dominik dominierte klar. Er bestimmte den Verlauf des Spiels nach belieben. Ich konnte nur reagieren, wenn überhaupt. Dominik brachte mir im Schnelllauf bei, wie man richtig Backhand schlägt oder explosionsartig zu einem Schmetterball ansetzt. Dass man beim Aufschlag nicht übers Kreuz spielen muss und der Aufschlag nicht nach fünf Bällen wechselt, sondern nach zwei. Und, dass ein Spiel nicht bis 21 geht, sondern bis 11. Tja, willkommen im 21sten Jahrhundert Marty McFly.
Spätestens beim Balleimertraining fand ich heraus, wieso Tischtennis die „meist unterschätzte Sportart“ genannt wird. Da schickte mir Dominik Ball für Ball links und rechts über den Tisch und ich schlug die Dinger mit voller Wucht zurück. Egal ob ich traf oder nicht, das Spiel ging weiter. So erzeugt man eine reale Simulation eines Spiels auf hohem Niveau. Nachdem Dominik den ersten Eimer geleert hatte, war mein Puls auf 180 und ich sah nur noch Sternchen, vielleicht waren’s auch nur Pingpong-Bälle. Erstaunlich, wieviel Kraft es braucht, diesen kleinen Ball immer wieder übers Netz zu dreschen. Nach drei Eimern war ich völlig im Eimer und winkte ab. Ich brauchte ja noch Energie fürs eigentliche Mätschli. Der Moment der Wahrheit war gekommen. Tatatata….!
Anständig, wie Dominik ist, erkundigte er sich, ob er voll spielen solle. Ich beschwörte ihn alles zu geben, damit das Resultat nicht verfälscht wird. Ich warnte ihn, dass ich jeden Punkt, den ich gegen ihn erzielte, in meiner Kolumne wie einen Geburtstag abfeiern würde. Solche Drohungen sollte man gegen einen ehrgeizigen 18-Jährigen, mit Aussichten auf eine mediale Berichterstattung seines Könnens, nicht aussprechen.
Zu Beginn des ersten Satzes musste Dominik sich noch etwas einschiessen und schlug zwei Bälle ins Netz. So stand es für kurze Zeit tatsächlich 2:2. Doch dann ging das Schützenfest los. Dominik machte Punkt für Punkt ohne grossen Aufwand. Besonders sein gegenläufiger Aufschlag trieb mich in den Wahnsinn. Ein wahrer Zaubertrick, bei dem der Schläger den Ball erst „verfehlt“ und dann hart geschnitten in die andere Richtung daherzwirbelt. Ein Return gelang mir nie. Ein Ansatz eines Spiels entstand eigentlich nur, wenn ich aufschlug. Um es kurz zu machen, mit seinem verflixten gegenläufigen Aufschlag und zahllosen Schmetterbällen bombte mich Dominik eiskalt auf den Boden der Tatsachen zurück. 11:3, 11:0, Bamm….! Ende des Experimentes. Ping Pong spiele ich erst nächsten Sommer in der Badi wieder.