Nachdem diese Woche bekannt wurde, dass Retweeten nicht unter Strafe gestellt werden kann, selbst wenn damit eine unerhörte Gemeinheit weiterverbreitet wird (vgl. NZZ, 26. Januar 2016: «Retweet nie strafbar – aber …»), lässt nun ein weiteres Urteil des Bezirksgerichts Zürich aufhorchen: Das sogenannte Telefonspiel kann ebenfalls weiterhin gespielt werden, ohne dass man dafür bestraft werden könnte. Dieses Gesellschaftsspiel dürfte insbesondere bei älteren Generationen bekannt sein, weniger bei jüngeren, welche in der Regel mit iPhone und iPad grossgezogen worden sind. Kurz erklärt: Beim Telefonspiel flüstern sich die Teilnehmern der Reihe nach einen Satz ins Ohr, angefangen bei Spieler 1, der letzte Teilnehmer offenbart im Anschluss der heiteren Runde, welcher Satz ihm eingeflüstert worden ist. Dieser Satz hat üblicherweise nicht mehr viel gemein mit dem Ausgangssatz. Das Spiel präsentiert sich aus verständlichen Gründen lustiger, wenn es mit möglichst vielen Leuten gespielt wird, weniger unterhaltsam ist es zu zweit – ausser, mindestens einer der beiden ist schwerhörig. Dann erübrigt sich allerdings auch das Flüstern.
Zum Spielverlauf: Spieler 1 denkt sich einen Satz aus, welcher beispielsweise folgermassen lauten könnte: «De Röbi isch zimmlich en Läbige, aber er nimmts mit de Wahret mängisch nödeso gnau.“ Daraus wird bei Spieler 2 möglicherweise bereits zu „De Köbi isch en Schäbige, und sin Bart isch scho grau.“ Und bei Spieler 3 unter Umständen zu „Em Böbi sis Schnäbi isch ganz hart und scho fascht blau.“ Weder Spieler 2 noch 3 können gemäss Bezirksgerichtsurteil für ihre Aussagen behelligt werden – selbst dann nicht, wenn mutwillig Satzfragmente manipuliert und frei erfunden werden. Analog zum Twitter-Urteil könnten Köbi und Böbi allerdings auf Persönlichkeitsverletzung plädieren. Eine Entschuldigung wäre dann sicherlich angebracht. Kleine Entschuldigungen wahren ja bekanntlich die Freundschaft.