in

Bimbo & Schlampella – Schlampella und die Bang-Boat-Kids

Von Hgb Fideljus

Es war ein Tag wie jeder andere. Was soviel heisst wie: Es war kein Tag wie jeder andere. Schlampella kurvte mit ihrem Motorrad den Berg hinunter zum Strand. Die Sonne schien, der Himmel war blau und das Meer war still. Für einen Augenblick schien es so, als würde die Sonne nur für sie lachen und sie lachte zur Sonne zurück. Flugs montierte sie ihren Stringtanga, während sie beschloss, ihr Bikini-Oberteil (oder was sie Bikini-Oberteil nannte) gleich ganz wegzulassen. Die Sonne lachte, der Himmel war blau und das Meer war still. Totenstill. Auf ihrem Smartphone lief der bananenweiche Hit «Pon de Replay» von Rihanna’s steil-starken Debütalbum «Music of the Sun» aus dem Jahre 2005 in nahezu voller Lautstärke:

Bewegt euch alle, los
Lasst mich sehen, wie ihr euch bewegt
Und tanzt, bis der Rhythmus endet
Tanz, bis die Sonne den Mond ablöst

Es war gegen drei Uhr nachmittags. Ein nahezu perfekter Nachmittag am Cabo de Gata. Schlampella war eine Kaugummi-Power-Frau. Sie düste mit dem Motorrad an. Mit mindestens 100 Sachen. Sie fühlte sich frei. Wild. Wild. Wild. Sie setzte ihre Sonnenbrille (Marke: Dior) auf und versuchte zu meditieren. Meditation bedeutete in diesem Fall für sie «bräunen und die Seele baumeln lassen.» Breitbeinig lag sie da. Gemeinsam mit ihren nackten B-Cup-Tittchen natürlich. Insgeheim genoss sie es: Oben im Berg die Guardia Civil mit den Feldstechern in den Händen, und sie unten – oben ohne. Genaugenommen war es aber auch schon ein Thema für sie gewesen: Obenrum dürfte es ein bisschen mehr sein! Schlampella hat schon oft mit dem Gedanken gespielt, und sie hatte sich auch schon darüber informiert: Die Operation sei nicht besonders kompliziert, und der Nutzen würde die Kosten wohl decken. Insgeheim dachte sie sich: Obenrum dürften es ein bisschen mehr sein. Mehr Polizisten. Mehr Feldstecher. Mehr Show. Mehr Bühne. Mehr Sonne. Und vor allem: Mehr Geld. Und überhaupt: Von allem ein bisschen mehr!

Also, ich bin bereit für euch
Kommt, lasst es mich euch zeigen
Ihr wollt grooven?
Ich zeig euch, wie ihr euch bewegen sollt!

Schlampella nickte kurz ein, während Rihanna immer noch im Smartphone tanzte. Schlampella träumte von ihrem Freund Bimbo: Er hätte eine kleine Auseinandersetzung mit Schwachkopf und Vollidiot gehabt. Nicht der ganz grosse Streit, aber dennoch ein Handgemenge, in dem Bimbo Vollidiot sein Knie in die Weichteile bohrte und Schwachkopf Bimbo darauf seine Faust ins Gesicht wuchtete. Auch Tausendsassa und Beserker spielten im Traum eine Rolle, wenn auch eine Untergeordnete. Tausendsassa gab den Taugenichts und Tunichtgut der für Beserker den Stoff verkaufte. Und Beserker spielte quasi Beserker himself, der neben dem Drogengeschäft auch noch ein paar abgetakelte Perserinnen auf dem Strand am Laufen hatte. Schlampella gehörte da freilich nicht dazu. Sie träumte. Wild. Wild. Wild.

Hingehen, wohin man will, und tun, was man will, ohne sich auch nur Gedanken zu machen. «Warum bloss, hast Du das getan?,» fragte Bimbo Schlampella im Traum. «Du bist ein Schwein, und lebst wie eine Sau,» antwortete Schlampella Bimbo im Traum. Darauf machte Bimbo aber grosse Augen. Verdammt GROSSE Augen sogar! Sowas war er sich offensichtlich nicht gewohnt. Warum? Warum? Warum? In «primitiven Gesellschaften» von «Wilden» gibt es das Wort «warum» nicht. Wild. Wild. Wild.

«Warum bloss, hast Du das getan?»
«Weil ich bis oben hin zugedröhnt war.»

«Warum bloss, hast Du das getan?»
«Weil es mir nicht gut ging, und kein anderer für mich da war.»

«Warum bloss, hast Du das getan?»
«Fick Dich doch selbst, du Arschloch!»

Wild. Wild. Wild. „Arschloch,» war das Stichwort, das Schlampella unvermittelt weckte. Vielleicht war es aber auch der Kaugummi, der zwischen ihren Zähnen klebte und sie dadurch störte? Aber vielleicht war es auch einfach nur der dicke Moroschwanz, der kehlentief in ihren Gaumen steckte? Vielleicht war es aber auch der Moroschwanz, der in ihrer Mumu steckte oder der verfluchte Moroschwanz, der verdammt tief in ihrem Arsch steckte. Rückblickend schwer zu sagen, fühlte sich Schlampella doch wie ein gefolterter Laboraffe. Sie zitterte vor Angst, während sie von den drei Einwandererkids im Problemkind-Stil rangenommen wurde. Sie zitterte derart vor Angst, dass sie sich gar nicht erst damit auseinandersetzen wollte, von wo die Einwandererkids so plötzlich – wie aus dem Nichts – herkamen. Und ob sie es in ihrer früheren Heimat, bevor sie mit einem Boot an der Küste Spaniens landeten und Schlampella vergewaltigten, möglicherweise schwer gehabt hatten. In diesem unzumutbaren Moment wollte sie nichts hören von Hunger und Armut auf der Welt. In ihrer verzweifelten Lage versuchte sie sich einzig auszumalen, ob die Guardia Civil oben im Berg wohl immer noch mit ihren Feldstechern in den Händen zu ihr runterglotzt? Die Polizei, dein Freund und Helfer oder wie?

Diese Frage lässt sich einfach und zuverlässig beantworten: Als Schlampella wieder zu sich kam, befand sie sich im Spital von Almeria. Ein wilder Mann in weissem Kittel, sprach, in einer Sprache die sie kaum verstand, eindringlich und gestikulierend auf sie ein. Später wurde sie von ihm untersucht. Er nahm ihr Blut ab und es schien ihr, als hätte er seine Nase zwischen ihren gespreizten Beinen versenkt. Es tat ihr alles weh. Als sie an einem Spiegel vorbei kam, sah sie ihr zerschundenes Gesicht. Ein geschwollenes Auge und der ganze Körper mit blauen Flecken und Kratzern übersät. Jetzt musste Schlampella kotzen.

Ein paar Tage später wurde Schlampella aus dem Krankenhaus entlassen. Die Guardia Civil nahm sie mit. Unter dem Vorwand, ihre Anzeige aufnehmen zu wollen. Sie ging mit. Auf dem Posten war sie alleine mit drei Bullen. Einer davon sprach ein paar Brocken in ihrer Sprache und forderte sie auf sich auszuziehen. Was hätte sie denn auch anderes tun wollen? Sie waren zu dritt! Einer hielt sie fest, während ein anderer sie ohrfeigte und der Dritte seinen Knüppel zuerst in ihre Möse und gleich danach in ihre Arschmöse einzuführen versuchte. Das tat weh! Schlampella dachte gaga zu sein oder es gleich zu werden. Sie dachte an Bimbo und ihren letzten Fick. Schlampella dachte daran auszusteigen. Sie dachte daran ihre Kleider zu zerreissen. Sie dachte daran ihre Haut zu zerreissen. Das tat weh!

Komm schon, Mister DJ
Dreh die Musik doch mal richtig auf

Was ging vor? Der eine, der sie festhielt, versuchte nun von hinten mit seinem Schwanz in sie einzudringen, während es der Zweite von vorne versucht und der Typ mit dem Knüppel seinen Hodensack reibt. Was ging vor? Der Typ mit dem Knüppel versuchte das Instrument nun tief in ihren Hals zu schieben. Weit, weit, weit über den «Point of Gag» hinaus. Die beiden anderen Bullen lochfickten sie nun richtig hart und monoton in ihre Ficklöcher. Das tat weh! Das war der Neunziger-Jahre-Rocco-Siffredi-Stil. Fett und hässlich.

Als Schlampella in der Wüste von Tabernas wieder zu sich kam, merkte sie ganz genau, dass ihre Kaugummi-Power-Frau-Ära spätestens jetzt vorbei war. Sie hatte eingetrocknetes Sperma im Gesicht und guckte zur Sonne. Die Sonne lachte. Für einen Augenblick schien es so, als würde die Sonne nur für sie lachen und da ging es Schlampella zum ersten Mal auf: «Wie abgefuckt ist doch die Gesellschaft in der ich lebe!» Schleck mich. Schleck mich. Schleck mich.

Hgb_Fideljus_Kult
Hgb Fideljus, Jahrgang 1971, aufgewachsen in Bern, lebt und arbeitet in Zürich, Fotograf und Werbetexter, studierte an den Hochschulen für Gestaltung und Kunst Bern und Luzern, sowie an der F + F Hochschule für Kunst und Mediendesign Zürich. Co-Founder Büro Destruct & Büro Discount.

Er schrieb als freier Kolumnist für das Lifestyle-Magazin «Soda», amtierte als Chefredakteur des Urban-Art-Magazins «Word» und schreibt seit gefühlten 120 Jahren an seinem ersten Roman «Acryl». Für den international renommierten Street-Art-Künstler Boris Hoppek schreibt er die Kurzgeschichten «Bimbo & Schlampella».

Hgb Fideljus mag: Amsterdam, Barcelona, Charles Bukowski, Deutschland, Elektro, Frauen, Gottfried Helnwein, Heineken Bier, Idaplatz, Java, Katzen, Lautréamont, Michel Houellebecq, Negma Isblack, Oliven, Prinz Pi, Q-bert, Rainer Werner Fassbinder, Spaghetti, Tags, USA, Vilém Flusser, Weisse Haie, XXX-Movies, Young Boys Bern, Zero Points und vieles mehr.

Besondere Merkmale: Blaue Augen, Haarfarbe veränderlich, Nase horizontal markant und Blutgruppe B positiv.

Gefällt dir dieser Beitrag?

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Autor: Gastautor

Kult.ch lädt in regelmässigen Abständen Gastautoren ein, ihre Geschichten zu teilen. Weil sie spannend sind; weil sie zum Nachdenken anregen; weil es eine Schande wäre, sie nicht lesen zu dürfen; weil sie Lücken füllen; weil sie unseren Alltag bereichern; weil sie unerhört sind; weil sie nicht ins Schema passen...

weil sie kult sind.

Kult-Küche: Paste von der Limón Chili

IOK ratlos: Ist Caster Semenya mit Scrotum gedopt? (Der Wochenrückblick 33/2016)