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Kleine Tode – Erster Teil: Blitz und Donner

Die Sonne war plötzlich weg gewesen. Eigentlich hatten wir nur kurz in die Badi gehen wollen. Natürlich hatte sie denken müssen, was sie dachte, ich war verpeilt, jung und ahnungslos. Aber wir hatten etwas geplantscht, geredet und auch viel gelacht. Dann kam der Regen und wir hatten nichts mehr voreinander zu verbergen. Die Kleider klebten am Körper. Es gab kein Entkommen und wir standen atemlos, tropfnass unter einem Vordach, das ohne Hemmungen das Wasser durchliess.

Wir waren noch heiss von der Sonne, kalt vom Regen und der dunkle Himmel hing tief über uns. Eine absurde Drohung und die Blitze machten es noch schlimmer. Wir schafften es nicht uns zu küssen, oder uns anzusehen. Am Ende der Welt klammerten wir uns wortlos aneinander. Alle Erinnerungen in einem kurzen Leben waren eins, aber wir schafften es nicht. Wir starben ein bisschen in diesem Gewitter, nur um wiederaufzuerstehen.

Heute ist es leichter zu sagen – als Naomi dann endlich einmal kam, kam sie hart.

Da war ein Missverständnis gewesen. Ein Streit. Eine Zeit, die nicht stimmte. Ihre blonden Haare, das Begehren fremder Männer. Für Marlies war ihre Stärke, ihre schlimmste Schwäche. So leicht ist das nicht, sie kam, wo immer sie wollte. Sie kam, wie eine Süchtige und das war total gut so. Nicht immer. Wir hatten gestritten, ich reiste ihr nach in einen Wald, irgendwo im Aargau. Wir hatten nicht viel geschlafen. Wir hätten etwas lernen sollen. Im Licht, das durch die Bäume fiel, sah sie toll aus, ein Versprechen.

Ich habe sie nur gestreichelt über den Jeans, zwischen den Beinen. Was zum Glück sofort funktionierte.

Am Strand war es scheisse gewesen. Die Musik war vorbei. Die Luft mild. Wir hätten auf keinen Fall miteinander schlafen sollen. Wir hatten es trotzdem getan. Wir hatten gedacht, das müssen wir jetzt tun. Aber ich kann es nur befürchten, ausser etwas klebriges Sperma im Schlafsack ist von dieser ersten Liebesnacht nur Enttäuschung und Übermüdung geblieben.

Am nächsten Tag hatte Mona einen Zug, den sie erwischen musste, ich fühlte mich liebeskrank und verloren in Italien und war überzeugt, ich würde sie nie mehr wiedersehen.

Das erste Mal als Naomi kam, weinte sie. Ich war besorgt. Dachte, ich hätte ihr wehgemacht oder eben sonst Scheisse gebaut. Ich wusste, es halt nicht. Nicht besser. Alles, was ich wusste, waren, dass es gut funktionierte, wenn ich sie leckte, wenn ich sie fein und sanft sstreichelte, aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie es sein würde, wenn sie wirklich kam. Eigentlich hatte ich Angst vor diesem Weinen und doch. Eigentlich waren wir immer noch nackt in diesem Regen, in diesem Gewitter.

Naomi war nur gekommen. Und es hatte eine Weile gedauert.

Wenn Mona kommt, wird es eng in ihren Hüften, sie will beides, die Beine öffnen und gleichzeitig schliessen. Sie will deinen Kopf reinschieben und ihn aber auch loswerden. Wenn Marlies kommt, will sie kommen, deine Zunge loswerden und deinen Schwanz haben. Naomi möchte einfach kommen. Sie hat keine Ahnung, so wie du. Aber immerhin, wir müssen alle weinen.

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Autor: Andy Strässle

Andy Strässle umarmt Bäume, mag Corinne Mauch und verleugnet seine Wurzeln: Kein Wunder, wenn man aus Blätzbums stammt. Würde gerne saufen können wie Hemingway, hat aber immerhin ein paar Essays über den Mann zu stande gebracht. Sein musikalischer Geschmack ist unaussprechlich, von Kunst versteht er auch nichts und letztlich gelingt es ihm immer seltener sich in die intellektuelle Pose zu werfen. Der innere Bankrott erscheint ihm als die feste Währung auf der das gegenwärtige Denken aufgebaut ist und darum erschreckt es ihn nicht als Journalist sein Geld zu verdienen.

Let’s play Shame!

Kein Gehirn. Sondern einfach nichts.