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Leute, die einem in drei Sekunden auf die Palme bringen!!

Kürzlich war so ein richtig fauler Sonntag. Ich überlegte mir, einfach mal im Pischama auf dem Sofa liegen zu bleiben, doch dann hatte ich Hunger auf ein Sonntagspoulet, aber keins im Eisschrank. Also einkaufen, verbunden mit eine Herbstspaziergang. Ja, für mich ist nun Herbst, und ich spüre es auch. Plötzlich kann ich in der Sonne sitzen, ohne dass sie brennt. Nicht so wie letzte Woche, als Hochsommer regierte. Ich bin keine für die Hitze, also schlechte Karten für die kommenden Klimakatastrophe(n). Aber meine Lebenszeit ist endlich, sagt man das so? Und in dieser Hinsicht bin ich froh darum. Ich finde aber, man kann auch im Kleinen sich gegen Umwelthohlköpfe wehren, hie und da klopfe ich an die Scheiben von parkenden Autos, in denen die Leute sitzen, mit laufendem Motor, Klimaanlage aufgedreht, auf ihre Dumm-Displays starrend: Können Sie bitte den Motor abstellen? Die Antworten reichen von hämischen Bemerkungen bis zu einem glatten Nein! Dazu gibt’s sicher noch einen Extratext, doch dafür habe ich heute keine Nerven. Nur so viel, es gibt ausgesprochen eklige Leute. Davon natürlich heute:

Also, ich kam mit meinen Einkäufen retour. Ein Poulet, Gemüse, Spätzli. Kaum gelandet, klingelte das Telefon. Es war eine Freundin aus sehr vergangenen Zeiten, wir haben uns wohl zwanzig Jahre nicht mehr gesehen, kürzlich frischte ich die Bekanntschaft wieder auf, worüber wir uns sehr freuten. Es war ein laaanges Telefon, Themen: von mühsamen Männern, herrlichen Hotels, mein Beruf, ihr Beruf, wir lachten, nörgelten auch ein wenig über dies und das. Doch zum Schluss versprachen wir uns, keine alten, maulenden Weiber zu werden, uns sofort darauf aufmerksam zu machen, wenn wir das aneinander feststellen würden. Wir verabschiedeten uns, ich ging in die Küche, war so richtig erfrischt ob dieses Gesprächs. Jetzt wollte ich köstlich kochen, es war höchste Zeit.

Klingeling, blöderweise nahm ich ab. Daran ebenfalls eine uralte Freundin, mit der ich Kontakt halte. Warum? Ich weiss es eigentlich auch nicht. Doch, aus Feigheit, weil sie die „Gabe“ hat, mich so einzuschüchtern, dass ich überzeugt bin, ich mache alles falsch. Und sie nicht. Wobei, das ist ja Quatsch. Dafür hat sie doch schon ihren Gatten, den sie verwalten muss, weil er das selber nicht kann. Oder will, wie auch immer. Als ich das mitbekam, dachte ich, das ist sein hoher Preis, dass er mit so einer Nörglerin/Miesmacherin leben muss. Aber ich bin ja gottlob nicht mit ihr verheiratet, ähem, irgendwie schon, nämlich befreundet. Und das ist ganz knifflig, denn in Freundschaften, vorallem solchen, die schon lange dauern, nimmt man sich nicht die Mühe, zu sagen, gaats no!

Jedenfalls ist sie so eine, die alles, was einem passiert, sofort so dreht: Du bist schuld daran, du hast das völlig falsch gemacht, ich würde das natürlich ganz anders machen, nämlich so (hier kommen dann ungebeten ihre Tipps). Blöderweise bin ich bei solchen Leuten, vor denen ich wie vor der Inquisition bibbernd fühle, nicht so klug, dass ich gar nichts Persönliches preisgebe, sondern lege noch nach, um ein wenig Verständnis zu heischen. Geht nicht, denn diese Freundin ist ja keine mitfühlende Person, die mit mir gemeinsam über Unbill lacht, sondern sie lacht aus, sie verurteilt. Und wenn man dann völlig fertig ist, erklärt sie gerne, dass man eben kompliziert, nicht einfach sei. Leute, die nachtreten, die Etiketten verteilen, in Situationen, in denen man/ich mich schwach fühle, sind das Allerletzte. Dann hängten wir ein, sie fröhlich, denn sie hatte mir ja wieder einmal gezeigt, wo das Vreneli den Most holt, das kluge notabene, also sie, während ich, der Bartli bin, der keine Ahnung hat und auch noch zu blöd und zu uneinfach bin, das zu merken.

Ich ging in die Küche und überdachte die beiden Telefonate, das erste, das mich so erheiterte, das zweite, das mich in drei Sekunden auf die Palme brachte. So ein unmittelbarer Vergleich, was einem gut tut und was nicht, ist ja selten möglich. Diesmal schon. Ich überlegte, ob ich ihr beim nächsten Mal sagen würde, wie schrecklich ihr Verhalten ist? Überlegte, ob es ein nächstes Mal geben würde? Ich weiss es nicht, doch, was macht man mit einer Palme, die einem stört? Sägt man sie nicht irgendwann ab, auch wenn man sich an sie vor dem Haus gewöhnt hat? Was meinen Sie dazu? Oder helfen Sie mir sogar dabei, weil ich das offensichtlich nicht so gut kann… Das wäre ja wahnsinnig nett!!

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Autor: Marianne Weissberg

Marianne Weissberg, studierte Historikerin/Anglistin, geboren in Zürich, aufgewachsen in Winterthur, ist ganz schön vollreif. Also eigentlich schon ewig da, was sie in ihren Knochen und im Hirn spürt. Lange Jahre verschlang das Lesepublikum ihre wegweisenden Artikel und Kolumnen in guten (und weniger guten) deutschsprachigen Zeitungen und Magazinen. Persönlichkeiten aus Film, Literatur und Musik wie etwa Robert Redford, Isabel Allende und Leonard Cohen redeten mit der Journalistin, die ganz Persönliches wissen wollte, und es auch erfuhr. Irgendwann kam sie selbst mit einer Geschlechter-Satire in die Headlines und begann in deren Nachwehen ihre zweite Karriere als Buchautorin. Auch hier blieb sie ihrer Spezialität treu: Krankhaft nachzugrübeln und unverblümt Stellung zu beziehen, bzw. aufzuschreiben, was sonst niemand laut sagt. Lieblingsthemen: Das heutige Leben und die Liebe, Männer und Frauen – und was sie (miteinander) anstellen in unseren Zeiten der Hektik und Unverbindlichkeit. Und wenn man es exakt ansieht, gilt immer noch, jedenfalls für sie: Das Private ist immer auch politisch – und umgekehrt.

Sonst noch? Marianne Weissberg lebt mitten in Züri. Wenn sie nicht Kolumnen oder Tagebuch schreibt, kocht sie alte Familienrezepte neu, betrachtet Reruns von „Sex and the City“, liest Bücher ihrer literarischen Idole (Erica Jong, Nora Ephron, Cynthia Heimel) oder träumt davon, wie es gewesen wäre, wenn sie nicht immer alles im richtigen Moment falsch gemacht hätte. Aber das wäre dann wieder so ein Thema für einen neuen Kult-Text.

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