Wer gerne und ausgiebig feiert, findet in Zürich viele Gleichgesinnte. Unsere schöne Stadt sucht in Sachen Clubdichte europa- wenn nicht weltweit ihresgleichen. Das ist zum einen ein Zeugnis der gelebten Kultur, zum anderen aber auch eine Konsequenz des – man möchte sagen: exorbitanten – Lebensstandards hier. Kaum eine Stadt vereint eine solche Wirtschaftskraft mit einem dermassen breiten Kulturangebot, wie Zürich das tut.
Blickt man hinter die an sich offensichtlichen Gegensätze von Disziplin und Exzess, von Tag und Nacht, von Arbeit und Freizeit, fällt auf, dass diese Gegensätze, wenn auch tatsächlich vorhanden, nicht so trennscharf zu unterscheiden sind, wie das auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn die Menschen, die hier leben, benötigen den kulturellen Ausgleich, um im anspruchsvollen Alltag unserer Leistungsgesellschaft bestehen zu können.
Was ob der Selbstverständlichkeit der kulturellen Fülle an Künsten, Musik und Unterhaltung oft in den Hintergrund gerät, gar vergessen geht, ist die Leistung jener, die eben diesen Reichtum ermöglichen: Kunstschaffende. Gastronomen. Musiker. Frei denkende Teile dieser Gesellschaft, die sich Normen und Konventionen entziehen und sich selbst und ihre Ideen verwirklichen. In dieser Stadt herrscht eine Symbiose von jenen, die Kultur konsumieren, und jenen, die sie erschaffen.
Umso unverständlicher erscheint es, dass gerade die Stadt selbst, diejenigen, die in der Verantwortung sind, Zürich als dieses einmalige Biotop an kreativem Reichtum zu erhalten, es nicht für notwendig erachten, es zu schützen.
Für diese Menschen sind wir “die”. Wer sich kulturell betätigt, ist “einer von denen”. Wir sind aber nicht “die”. Wir sind das Herz dieser Stadt. Wir sind das, was bleibt, wenn alles andere fällt. Wir sind Erzeuger jenes Guts, das Zürich als Lebensraum so attraktiv macht. Wir sind jene, die Raum für Kultur beanspruchen. Wir sind jene, die sich mit dem Einfluss kulturellen Schaffens auf das Gesicht dieser Stadt befassen. Dass die Finanzkraft der Wirtschaft einen so übermächtigen Platz einnimmt, ist grob fahrlässig. Denn ohne Kulturschaffende kein Kulturangebot, ohne Kulturangebot keine Lebensqualität, ohne Lebensqualität keine Wirtschaft. Eigentlich ziemlich simpel.
Illustration: Takeo Doman