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Ich bin irgendwie nicht so der Hobbytyp!

Ich habe ja schon berichtet, dass ich in einen Töpfereikurs gehe. Ja, es macht mir total Spass. Aber nachdem ich eine erste Phase des wahnsinnigen Ehrgeizes erlebte: alles sollte perfekt herauskommen, ging diese umgehend in eine zweite der Anstrengungsvermeidung über. Vielleicht hat das damit zu schaffen, dass mir die Leiterin schon beim ersten Mal einen ausgezeichneten Pausenkafi machte. Für mich war ja ganz klar, dass man an einem Abendkurs sehr müde wäre, ergo sehr bald eine Pause bräuchte. Ich nahm also beim ersten Mal eine Banane mit, ass die schon nach circa zehn Minuten auf. Dann stiegen wir in den Tonkeller und sollten den Ton kneten. Das erinnerte mich ans Zopfmachen am Samstag, das ich allerdings längst gegen Zopfkaufen eingetauscht habe. Weil bequemer. Das Kneten des Tons ist ähnlich wie das Teigkneten, jedoch viel anstrengender, ich betrachtete meine Hände und fürchtete um sie. Was, wenn ich mir die Finger zerknetete, dann würde ich nie mehr schreiben können! Erschrocken trank ich meinen Kafi, während meine Mitkneterinnen emsig ihr neues Hobby ausübten.

Schreiben ist ja meine Berufung und mein Hobby. Das wurde mir erst klar, als eine Freundin erklärte, sie bräuchte nach der Pensionierung subito ein passendes Hobby. Ich beneidete sie um diese Willensäusserung. Ich hatte nie ein Hobby ausser eben Schreiben. Ich probierte hie und da dies und das aus, zum Beispiel Tennis spielen. Ein Intensivkurs mit meinen Söhnen damals, die schon nach einer Stunde alles kapierten. Mir leuchtete jedoch nicht ein, dass ich hin und her springen sollte, um einen gelben Ball zu erwischen. Nach diesen drei Tagen war ich fähig den Schläger zu halten, ein bisschen Vorder-und Hinterhand zu händeln, damit Hobby Tennis schon erledigt, ich spielte nie mehr. Wieso auch, es leuchtete mir einfach nicht ein. Federer hat sein langweiliges Hobby jedoch weitergeführt und verdient damit sein Geld. Kann man machen, wieso nicht?

Bäck zum Ton: „Ich bin wohl eine kreative Pfuscherin“, sagte ich am dritten Kurstag der Töpfereikursleiterin. „Für mich muss etwas möglichst schnell und ohne Aufwand erledigt sein, dann sehr hübsch aussehen.“ Ich musterte die Henkel, die wir fabriziert hatten. Das ganze Händling hatte irgendwie pervers ausgesehen, man musste einen Tonzapfen solange massieren, bis er möglichst lang war. Für so was habe ich keine Geduld, schon seit jeher… Mein Henkel blieb also ein mickriges Ding, aber ich mechte ihn doch entschlossen an die Tasse, die zum Grossteil die Kursleiterin gedreht hatte, während ich daneben meinen Espresso trank. Man könnte noch hier und dort glätten, empfahl sie, aber ich fand, dass das viel zu anstrengend sei. Heute ist der letzte Teil des Kurse. Ich habs ausprobiert, gesehen, es reicht. Ich werde meine Hobbyprodukte heimnehmen, mich daran freuen. Die Anderen haben den Fortsetzungskurs schon gebucht. Ich nicht. Es hat sich doch nun erledigt, oder?

Eigentlich fing mein Untalent für ein Hobby schon ganz früh an. Als Drittklässlerin verklickerte ich einen Stoffpapagei, den meine beste Freundin gebastelt hatte, als mein eigenes Werk. Meiner sah einfach scheusslich aus. Das flog auf, und ich schämte mich schrecklich. Als meine Kids klein waren, habe ich wohl keinen einzigen Strohstern mit ihnen gebastelt. Während die anderen Mütter wie vergiftet bastelten, ihr Umfeld grossflächig verzierten. Perfekt, wieso sollte ich da auch noch mitmachen müssen? Ich konnte nicht lismen, ich konnte nicht gärtnern, ich konnte nicht nähen. Für all diese Hobbies buchte ich natürlich Kurse, die waren auch sehr lustig, kaum zu Ende, vergass ich alles wieder. Weil ich eben das Schreiben habe. Und wenn ich nichts schreibe, lese oder langweile ich. Das verleidet mir nur ganz selten.

Wobei, ich habe soeben eine Floristik-Schnupperstunde gebucht. Es könnte doch sein, dass es da draussen ein Hobby gibt, das immer auf mich gewartet hat? Wofür ich unglaublich Talent habe, das mich berühmt machen wird. Ich sehe mich schon herrliche Sträusse binden, wundervolle Gestecke verschenken. In taufeuchten Wiesen, im geblumten Wickelkleid, einen Weidekorb am Arm, nach seltenem Grünzeug fahnden, das genau zu meinem Traumstrauss passen wird. Leider müsste ich dazu an ganz vielen Kurstagen Begeisterung für mein neues Floristikhobby mimen. Wieso nicht abkürzen? Ich gehe jetzt auf den Märt, kaufe mir einen hübschen Strauss und gut ist. Und jetzt an alle (untalentierten) Hobbyschreiberlinge, lassen Sie Ihr Hobby doch einfach sein, ich erledige das gerne für Sie. Ich verspreche, dass ich dabei so raffiniert kreativ pfusche, dass Sie es kaum merken werden…

Foto: So entspannend kann ein Hobby sein!

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Autor: Marianne Weissberg

Marianne Weissberg, studierte Historikerin/Anglistin, geboren in Zürich, aufgewachsen in Winterthur, ist ganz schön vollreif. Also eigentlich schon ewig da, was sie in ihren Knochen und im Hirn spürt. Lange Jahre verschlang das Lesepublikum ihre wegweisenden Artikel und Kolumnen in guten (und weniger guten) deutschsprachigen Zeitungen und Magazinen. Persönlichkeiten aus Film, Literatur und Musik wie etwa Robert Redford, Isabel Allende und Leonard Cohen redeten mit der Journalistin, die ganz Persönliches wissen wollte, und es auch erfuhr. Irgendwann kam sie selbst mit einer Geschlechter-Satire in die Headlines und begann in deren Nachwehen ihre zweite Karriere als Buchautorin. Auch hier blieb sie ihrer Spezialität treu: Krankhaft nachzugrübeln und unverblümt Stellung zu beziehen, bzw. aufzuschreiben, was sonst niemand laut sagt. Lieblingsthemen: Das heutige Leben und die Liebe, Männer und Frauen – und was sie (miteinander) anstellen in unseren Zeiten der Hektik und Unverbindlichkeit. Und wenn man es exakt ansieht, gilt immer noch, jedenfalls für sie: Das Private ist immer auch politisch – und umgekehrt.

Sonst noch? Marianne Weissberg lebt mitten in Züri. Wenn sie nicht Kolumnen oder Tagebuch schreibt, kocht sie alte Familienrezepte neu, betrachtet Reruns von „Sex and the City“, liest Bücher ihrer literarischen Idole (Erica Jong, Nora Ephron, Cynthia Heimel) oder träumt davon, wie es gewesen wäre, wenn sie nicht immer alles im richtigen Moment falsch gemacht hätte. Aber das wäre dann wieder so ein Thema für einen neuen Kult-Text.

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