Hallo, hier bin ich wieder. Lang’ ist’s her.
Lass uns über Muster reden. Nicht die, die deine Oma so liebevoll für ihre altbackenen Häkeldeckchen ausgesucht hat. Ich meine die, denen du immer und immer wieder begegnest. Du weisst von was ich rede, nicht?
Es ist doch so: jeder geht durchs Leben, im Glauben, der einzige Mensch mit Problemen zu sein. Zumindest dann, wenn sie gerade akut sind. Dann gibt’s nur dich und deine beschissenen Probleme. Ist auch so, denn genau dann triffst du auf dein ganz persönliches Muster. Und auch wenn es nicht so aussehen mag, dieses Muster ist so linear wie jenes auf dem Schachbrett, das du nie benutzt weil du “keine Zeit hast”.
Wie dein Muster aussieht, das weisst nur du. Irgendwo tief drin. Aber ich kann dir sagen: es ist ein Kreis. Ein Kreis in dem du dir selbst ein Problem schaffst, nur um es dann in mühsamer Kleinstarbeit wieder zu lösen. Und dann? Dann gehst du hin und machst den selben Scheiss von vorne. Das trifft nicht auf dich zu? Gratuliere, du hast dich selbst gerettet. Für den Rest: Ihr seid nicht alleine.
Jeder malt sein Leben in diesen Kreisen, bis er erkennt, dass diese Kreise nicht das sind, was man malen sollte. Das Leben sollte doch – im Idealfall – eine Strecke von A nach B sein. Ob diese Strecke Kurven und Ausschweifungen hat, ist egal. Hauptsache, du fängst nicht immer wieder von vorne an. Leider werden wir oft mit einem Zirkel auf den Lebensweg geschickt, der nur Kreise malt, bis wir herausfinden, dass man den Zirkel mit etwas mentaler Anstrengung auch anders benutzen kann.
Stell dir also die Frage: malst du Kreise? Wenn die Antwort darauf “Ja” lautet, und das tut sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dann bleibt dir die freudige Aufgabe überlassen, diese Kreise zu identifizieren und herauszufinden, wie du aufhören kannst, sie zu malen.
Lass es dir von jemandem gesagt sein, dessen Lebensheft voll ist mit Kreisen jeglicher Grösse und Couleur. Mein Leben lang habe ich im Kreis gemalt und habe mich gewundert, wieso ich immer wieder am selben verdammten Punkt lande. Zurück auf Start. Und dann wieder von vorne, Tag ein, Tag aus und täglich grüsst das Murmeltier.
Das Problem am Kreisemalen ist, dass du selber nicht begreifst, was du da in dein Leben kritzelst. Du lebst es einfach Tag für Tag. Und sogar wenn du fünfzehn Mal am selben Strassenschild vorbeiläufst auf deinem Weg, du denkst dir höchstens: “Moment, hier war ich schon mal.”. Warst du und wirst du auch wieder sein, wenn du dir nicht eingestehst, dass du dich im Kreis bewegst.
Das kann hart sein. Habe ich gerade am eigenen Leib erlebt. Niemand stellt sich gerne vor den Spiegel und fragt sich “Alter, was machst du hier überhaupt?”. Unglücklicherweise ist das der einzige Weg, dich davor zu schützen, dein Muster endlos in den Sand zu tanzen. Also raff’ dich auf und sieh’ den Tatsachen ins Gesicht. Es wird schmerzen.
Aber glaube mir, das ist um Welten besser, als dir ein Leben lang die Hände wund zu kritzeln, nur um dann am Ende zu erkennen, dass du dir erfolgreich alles verbaut hast, was du hättest erreichen können, wenn du bloss mal den Zirkel anders gehalten hättest.
Illustration: Ben Heine