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The Fall: Serienmörder ahoi – und die Frisur sitzt!

Selten habe ich mich über eine Serie so aufgeregt wie über „The Fall“, die ich grad auf Netflix gucke. Aktuell bin ich in der Mitte der dritten Staffel. Worum geht’s? In Belfast, ja, es gibt wirklich glamourösere Schauplätze, geht ein Frauenmörder um. Dazu möchte ich gleich mal was sagen? Ist Ihnen auch schon die schiere Masse der Fernsehkrimis, der Serien, der Filme aufgefallen, in denen Frauen oder Kinder auf ausgeklügelt bestialische Weise umgebracht werden? Man möchte meinen, dass hier Anschauungsunterricht für Frauenfeindlichkeit, Kinderhass erteilt wird. Und ich wundere mich dann meist, welche Eltern ihre Goofen für Rollen ausleihen, in denen sie entführt, erstickt, missbraucht werden? Oder all das miterleben sollen, weil ihre Film-Eltern mörderisch tätig sind, so wie in The Fall. Sagte man den Kids dann: „Du, Susi, du musst jetzt mal tapfer wo mitspielen, wo dein Papi, während du im Bettli nebenan so tun musst, als ob du schläfst, die Babysitterin vögelt oder mit blutigem Gesicht heimkommt, weil er leider Frölein Soundso killen und im Schrank verstecken musste. Du musst dir dabei nix denken, auch weil wir damit viel Gage kassieren und dir dann ein Barbiebäbi schenken können.“ Doch, ich glaube, ich würde das ähnlich erklären wollen.

Ja, meine Jungs wollten auch mal in einem Film mitspielen, verkleidet als rosarote Pelztierli, doch das war ein wirrer Kunstfilm von Dieter Meier, und da ich auch noch am Set war, hatte ich keine Bedenken. Der Film wurde nie fertig, was auch okay war, da grottenschlecht. Zurück zu The Fall: Ich habe noch NIE so ein grottenschlechtes Drehbuch (doch, das vom Film vom Dieter Meier) aushalten müssen wie in The Fall. Oft dachte ich, also wirklich, so blöd kann doch kein Serienkiller, keine Polizei, keine sonstige Mitwirkenden, keine Ermittlerin sein wie in diesem Drama an einem, wie schon erwähnt, äusserst trüben Set, namens Belfast.

Es stimmt da einfach nix. Ein Serienmörder Paul Spector, der ein dermassen liebliches Gesicht hat wie Jamie Doran – JA, derjenige vom Fremdschämfilm „Sixty Shades von irgendwas“ ist einfach nicht glaubhaft. Okay, einer kann ja durchaus nett und normal aussehen und trotzdem einen Mörder geben, aber SO? Unbedarft, halt. Es hilft auch nicht, dass er wie erwähnt in Belfast (billige Location?) morden muss, wo es aussieht wie in Seebach, wo man sich also kennt untereinander und es halt schon merken würde, wenn Herr Müller dauernd mit schwarzem Rucksack aus dem Haus joggt, die Babysitterin belästigt, etc. Aber nei, während die Topermittlerin Stella Gibson, extra eingeflogen aus London, mit ihrer Garderobe (enger Jupe, Seidenblusen, Stögeli) und mit dem Legen ihrer Blondlocken beschäftig ist, kann er fröhlich weiter meucheln. Und alle Beteiligten, inklusive seiner Frau, wiegen die Köpfe und sagen: Aso nei, wie erwischen wir ihn bloss? Auch als man schon weiss, dass der liebe Paul Spector der böse Killer ist. Wo er wohnt, wo er arbeitet, etc.

Am lustigsten fand ich die Szene, wo ein ganzes Team anrückt und während Jamie plus Familie schnell mal wegfährt, das Haus verwanzen will. Rums, bricht die Decke ein, und das Wanzenteam plumpst vom Estrich direkt ins Ehebett. Da sagte das Team dann schon: Also wirklich, das war jetzt ganz blöd. Ich sagte vor dem Fernseh: Seid ihr bescheuert? Beziehungsweise ist der Drehbuchautor, der auch noch Regie führt (billige Produktion?) nicht ganz gebacken? Ganz toll fand ich es auch, dass der eeendlich gefasst Killer – er musste sich quasi selber verhaften, damit das mal erledigt war – dann bei einer Tatortbesichtigung angeschossen wurde und im Spital in der Intensivstation neben eins seiner geretteten Opfer ins Bett gelegt wurde. Hallo?? Hier wird er nun von einer einzigen Krankenschwester liebevoll umsorgt, die aussieht wie das Cliché der eben aufopferungsvollen Krankenschwester. Und nei, niemand denkt sich was dabei, dass das vielleicht SEHR lächerlich wirkt.

Aber jetzt zum Hauptkritikpunkt. Gillian Anderson, welche Stella Gibson gibt. Je weiter die Serie fortschreitet, beziehungsweise je unfreiwillig komisch das Ganze wird, desto blonder und lockiger wird ihre Mähne und gebotoxter ihr Minenspiel. Das passt allerdings dazu, dass die Ermittlerinnen neuerdings alle autistisch sein sollen. Ich sagte zu ihr: Jetzt mach doch mal nicht so ein steifes Muul und endlich einen Ribel, statt diese Wallelocken, keine seriöse Polizistin sieht aus wie dat Heidi Klum, wie sie für Dreiwettertafthaarschprei aus dem Flugi stieg und sinngemäss sagt: „Belfast, Dauerregen plus ein Serienkiller, und die Frisur sitzt, juhu.“ Wann bitteschön fönt sich Stella Gibson diese Mähne? Und wenn wir schon dabei sind, wann isst sie mal was? Nein, sie wird per Drehbuch angehalten, höchstens schnell ihre Kollegen zu vernaschen. Und auch mal im Seidenkimono räklerisch durchs Luxushotel zu schreiten (bezahlt das Scotland Yard?), während der Killer bei ihr im Schrank sitzt, und dann, als sie gerade dabei ist, unten in der Hotelbar, ihre Kollegin zu verführen, gemütlich ihr Tagebuch liest. Fast so gelacht, wie beim Deckenplumps. Ah ja, der Killer führt auch noch Dutzende von kunstvoll gemalten Tagebüchern (wann malt er die, er hat doch noch Familie und einen Job als Eheberater, hahaha). Sie merken, worauf ich hinauswill?

Dass die Drehbücher irgendwie schon sehr schlecht geworden sind!! Da werden wohl zu viele Aufputsch- und Downerpillen vor dem Compi eingeworfen, die Produktionfirmen beschäftigen trotz #metoo immer noch zuviele dumme Schnösel, die Botox, wallende Lockenmähnen, doofe Serienkiller, Kinderarbeit total normal finden. Vielleicht muss ich leiderleider meinen Niveauanspruch einfach kräftig runterschrauben! Generös darüber hinweg sehen, wenn die Fernsehpolizei dumm wie Brot ist oder die Mörder am liebsten Frauen und Kinder killen. Aber eins, das muss ich Ihnen noch erzählen, das verkrafte ich doch nicht: Wenn einer wie Jamie Doran mir auf dem Heimweg vom Büro plötzlich total doof vom Schaufenster von Ochsner-Schuhe entgegenlinst, auf einer Reklame für italienische Schuhe. Jetzt arbeitet der Killer auch noch bei Ochsner in Züri? Damit ist das letzte Restli von Killer-Glaubwürdigkeit endgültig dahin!!!

Foto: Auf diesem Foto ist sie direkt schon vertschubläd, am besten Sie gucken selber bei The Fall rein, dann können sie auch so leiden wie ich..

www.marianneweissberg.ch

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Autor: Marianne Weissberg

Marianne Weissberg, studierte Historikerin/Anglistin, geboren in Zürich, aufgewachsen in Winterthur, ist ganz schön vollreif. Also eigentlich schon ewig da, was sie in ihren Knochen und im Hirn spürt. Lange Jahre verschlang das Lesepublikum ihre wegweisenden Artikel und Kolumnen in guten (und weniger guten) deutschsprachigen Zeitungen und Magazinen. Persönlichkeiten aus Film, Literatur und Musik wie etwa Robert Redford, Isabel Allende und Leonard Cohen redeten mit der Journalistin, die ganz Persönliches wissen wollte, und es auch erfuhr. Irgendwann kam sie selbst mit einer Geschlechter-Satire in die Headlines und begann in deren Nachwehen ihre zweite Karriere als Buchautorin. Auch hier blieb sie ihrer Spezialität treu: Krankhaft nachzugrübeln und unverblümt Stellung zu beziehen, bzw. aufzuschreiben, was sonst niemand laut sagt. Lieblingsthemen: Das heutige Leben und die Liebe, Männer und Frauen – und was sie (miteinander) anstellen in unseren Zeiten der Hektik und Unverbindlichkeit. Und wenn man es exakt ansieht, gilt immer noch, jedenfalls für sie: Das Private ist immer auch politisch – und umgekehrt.

Sonst noch? Marianne Weissberg lebt mitten in Züri. Wenn sie nicht Kolumnen oder Tagebuch schreibt, kocht sie alte Familienrezepte neu, betrachtet Reruns von „Sex and the City“, liest Bücher ihrer literarischen Idole (Erica Jong, Nora Ephron, Cynthia Heimel) oder träumt davon, wie es gewesen wäre, wenn sie nicht immer alles im richtigen Moment falsch gemacht hätte. Aber das wäre dann wieder so ein Thema für einen neuen Kult-Text.

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