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„Männer: unsere Rollen im 21. Jahrhundert“

Gestern ist im KULT ein Text von unserer Autorin Ute Cohen erschienen, mit spitzer Feder hat sie für uns Männerbilder beschrieben. KULT-Leser Ronny Zindel war von diesem Artikel begeistert, gleichzeitig hat ihn das Thema zu einem eigenen Text inspiriert, einem – männlichen –Gegenentwurf. Der ist so gut geworden, dass wir ihn gerne veröffentlichen.

Ute Cohen schrieb den schönen Artikel «Männerfibeln, Männerbibeln» im KULT Magazin.

Ihr Artikel war für mich spannend und witzig zu lesen, jedoch schienen mir die darin dargestellten Typen von «Männlichkeit» etwas zu abstrakt, zu flach dargestellt, als dass ich darin mich oder auch die Männer in meiner näheren Umgebung hätte finden können. Daher habe ich versucht, einen eigenen Entwurf zur «Typisierung» zu schreiben.

Der Blender

Ein Typ Mann, der oft in der Politik, im Showbusiness oder in diversen Chefetagen anzutreffen ist. Findet sich selber grossartig, und lässt dies auch jeden wissen, sucht andauernd nach Bestätigung und Applaus. Geht davon aus, selber keine Schwächen zu haben und daher auch keine zeigen zu dürfen. Er ist in einem Ausmass von sich selbst überzeugt, dass ihn nichts und niemand bremsen kann – er kann alles und darf alles.

Der Blender hat im Zweifelsfall eher Mühe, sich auf engere Beziehungen einzulassen, geht jedoch nicht davon aus, dass er welche nötig hätte, solange er denn genügend vergöttert wird. Er hat vielleicht eine Familie oder eine Partnerin, da diese ihm die Bestätigung dafür geben, dass in seinem Leben „alles in Ordnung ist“.

Der Kompromissbereite

Ein recht häufig anzutreffender Typ von Männern.

Der Kompromissbereite zeigt viel Verständnis für seine Mitmenschen, sei es im privaten, sei es im beruflichen Bereich. Er ist in Beziehungen grundsätzlich bereit, auf die Bedürfnisse seines Partners/seiner Partnerin einzugehen, und legt viel Wert darauf, den Frieden in Beziehungen zu wahren. Schwierigkeiten versucht er auf diplomatische und möglichst pragmatisch Art zu lösen. Dieser Typ ist in der Regel auch fähig, seine eigenen Bedürfnisse gut auszudrücken und dafür einzustehen.

In Freundschaften der klassische «Kumpel-Typ», ist der Kompromissbereite meist sehr angenehm für sein Umfeld, sei es im Beruflichen oder im Privaten.

Der „Old-School-Macho“

Dieser «Old-School»-Typus von Mann verteidigt bis aufs Blut seine etwas archaisch anmutende Auffassung von einem «echten Mann». Männer und Frauen haben seiner Meinung nach klar zu wissen, wo ihr Platz ist, mit Rollenvermischungen und political correctness hat er nichts am Hut.

Der «Old-School-Macho» trauert irgendwie den alten Zeiten nach, in denen „Männer noch Männer waren und sein durften“. Sein Rollenverständnis wird gut bedient von einem bestimmten Typus Mann, in etwa Berlusconi, Trump oder Clint Eastwood. Sehnt sich nach den „alten Werten“ und erklärt jedem, der es hören will, was für Weicheier viele Männer in der heutigen Zeit doch sind. Wehe, wenn sich diese auch noch rasieren oder eincremen. Macht es sich abends mit Frank Sinatra und einem Whisky gemütlich und gönnt sich ein „klassisches“ Herrenmagazin.

 

Der Unterwürfige

Dieser Typ ist stark verunsichert durch die sich ständig ändernden Bilder und Ansprüche, mit denen er sich konfrontiert sieht. Seine Unsicherheit verbirgt er vielleicht mit extra markanten, etwas dümmlich anmutenden Sprüchen, oder er gibt sich eher schweigsam.

Es fällt ihm schwer, sich zwischen den «modernen» Rollenansprüchen und -modellen zurechtzufinden. Seine eigene Identität tendiert mal zu diesem, mal zu jenem Modell. Dieser Mann entwickelt in der Folge ein defensives und unterwürfiges Wesen, sowohl Männern als auch Frauen gegenüber, aus Angst davor, irgendwo anzuecken und zurückgewiesen zu werden. Seine Einsamkeit und Ängste können auch dazu führen, dass er sich zum lautstarken «Anti-Feministen» entwickelt.

Der Autonome

Der Autonome ist ein heute sehr häufig zu beobachtender Typ, gerade bei Männern in zweiten Lebensabschnitt. Der Autonome liegt mit seinem Lifestyle und seinen Ansichten voll im Trend einer hedonistischen Gesellschaft.

Dieser Mann geht konsequent seinen eigenen Weg und lässt sich ungern schubladisieren. Ganz nach dem Motto „selbst ist der Mann“ nimmt er sein Leben aktiv in die Hand, verwirklicht seine Träume und steht zu seinen Ansichten. Er ist durchaus und gerne bereit, sich auf Beziehungen einzulassen, sofern er sich nicht in seinen Freiheiten eingeschränkt sieht. In seiner Freizeit trifft er sich mit Gleichgesinnten zu gemeinsamen Fahrrad- oder Kneipentouren, ist gesellig und offen für alles, was er auf seinem Weg trifft.

Der Zarte

Der Zarte ist ein Mann, der offen und ehrlich zu seinen Gefühlen und zu seiner Verletzlichkeit steht. Für ihn besteht „moderne Männlichkeit“ darin, möglichst authentisch zu sein. Er ist als Familienvater fürsorglich und besteht darauf, gleichberechtigt in der Kindererziehung mitzuwirken. Klar und deutlich drückt er auch seine eigenen Bedürfnisse aus.

Dieser Mann geht behutsam mit seinen Mitmenschen und mit sich selber um und achtet seine Umwelt. Er schätzt das Feine und die leisen Zwischentöne und hat es nicht nötig, sich selbst oder seine Männlichkeit mit irgendetwas zu beweisen.

Und hier geht es zum Beitrag von Ute Cohen:

MÄNNERFIBELN, MÄNNERBIBELN

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Autor: Gastautor

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