Wie ich die Segel hisste, ich kann mich noch gut daran erinnern, arrogant dem Sturm des Lebens die Stirn bieten wollte, waren Wille und Wahn meine Gefährten, Frau Satan meine Galionsfigur.
Durch die Wellen, durch die tosende Flut bahnte ich mir meinen Seeweg, wissend, dass mein Name auch nur ins Wasser geschrieben ist. Meiner Hand konnte ich vertrauen, die fest das Ruder hielt, sowie den starken Brettern meines Bootes. Immer dem Horizont entgegen eilte ich, der Fremde galt meine Sehnsucht, das Vertraute konnte ich nimmermehr ertragen.
Und dann kam der harte Regen, Glassplitter aus schwarzen Wolken. Ich lachte laut und sang übermütig, vom Aufruhr der Elemente übertönt, das raue Lied von jener Seebraut, die einst meine Geliebte war.
Meine Geliebte war sie. Aber weiss sie es noch?
Meine Geliebte ist sie noch heute, auch wenn uns Kontinente trennen, auch wenn der Wall, der zwischen uns steht, unüberwindbar ist.
Mitternacht. Windstille. Das Wasser ist ein blanker schwarzer Spiegel, die Sterne schreiben einen Namen an den Himmel: Aura Alraune.
Als ich noch einmal zurückschaute, bei meiner Abreise, bevor ich mein Schiff bestiegen habe, bin ich direkt auf Deinen Blick gestossen.
Lag da Sehnsucht hinter Deinen Augen oder blosses Staunen?
Auf Inseln bin ich dann gelandet, bewohnt von Ungeheuern, von wütenden Dämonen.
Und Städte habe ich besucht, deren Paläste prächtig, deren Armenhäuser ach so elend, deren Strassen und Gassen gefährlich waren. Stehlen musste ich, Wein und Brot, um danach zu fliehen, vor meinen Verfolgern, schnell aufs Wasser, aufs Wasser zurück.
Getötet habe ich auf meinen Reisen, geschändet, gestohlen und geflucht. Für das Beten hatte ich leider keine Zeit. Immerhin bin ich manchmal in den Schlaf gesunken und habe geträumt.
Von jener Küche, damals, in der warmen Zeit, der hoffnungsfrohen Zeit. Erwartungsvoll hast Du mich angeschaut, ich habe Dir leider nur dumme, kraftlose Fragen gestellt, nach Deiner Kindheit, nach Deinem Befinden, weil die Liebe meine Blutströme derart vergiftet hatte, dass ich zu keiner adäquaten Handlung mehr in der Lage war.
Später habe ich herausgefunden, dass Fischen eine vernünftige Handlung darstellt, wenn man vom Hunger getrieben wird.
Ich habe mich niedergelassen, nach einer langen Periode des Reisens, an einem Vulkanstrand, im Haus einer Hexe. Wir haben uns umeinander gekümmert, weil halt sonst niemand da war.
Wir haben die Knochen geschüttelt, im grossen Becher, den die Alte aus einem anderen Jahrtausend mitgebracht hatte, geschüttelt und auf den dreibeinigen Tisch geworfen. Aus der Art, wie die geworfenen Knochen zu liegen kamen, den Mustern, die sie formten, konnte wir das Schicksal lesen des Menschengeschlechts.
Es war keineswegs günstig.
Doch weil eben niemand da war, dem wir davon hätten berichten können, haben wir uns einfach betrunken, sind dann in einem Rausch der Begierde übereinander hergefallen, obwohl da keinerlei Anziehung zwischen uns war; kalte Lust in kalten Nächten. Notlust auf der Suche nach einem Notausgang, den es nicht geben darf.
Doch seit einiger Zeit kann ich dieses Zeichen am Nachthimmel sehen, das nur für mich da steht, hoch über der Oberfläche des Ozeans steht und wartet.
Deshalb setze ich nun meine Segel. Ohne Abschied werde ich verreisen, ein letztes Mal. Einem weiteren Horizont entgegen, die letzte Kraft meiner Hände lege ich ins Ruder. Das Land verschwindet hinter mir.
Die Finsternis verschluckt mein kleines Schiffchen. Es war so leicht …
…für immer fortzugehen.