Hans Himmelblau und die Scheibe

Unwetter des Lebens. Schrieb der gute Hans Himmelblau auf den kleinen, grau-weissen Zettel und legte diesen vor sich auf den Küchentisch. Dann schnitt er sich eine Scheibe Brot, bestrich diese mit Honig, füllte seine grosse, rote Tasse bis zum Rand – oder sogar ein wenig über den Rand hinaus – mit frischer Milch und setzte sich gemächlich auf den Hocker.

Schliesslich dachte der gute Hans Himmelblau an vorher. Erst hatte er die Töpfe gehört, die auf dem Asphalt laut geklirrt hatten, weil der gewaltige Wind sie umgeblasen hatte. Er wusste noch, dass er dabei sogar für einen kurzen Moment schmunzeln musste, weil er sich vorgestellt hatte, dass sie, die Zerborstenen, der griesgrämigen Nachbarin gehören würden. Doch nun, so im Nachhinein, verspürte Hans Himmelblau aufgrund seines vorherigen Schmunzelns einen leichten Anflug von schlechtem Gewissen. Schliesslich hätte bei diesem Unwetter auch jemandem etwas zugestossen sein können, dermassen heftig sei dies gewesen. So dachte es sich der gute Hans Himmelblau weiter und nahm einen grossen Schluck frischer Milch.

Allerdings – auch zu seiner eigenen Entschuldigung, so fand der gute Hans Himmelblau schliesslich – hatte er beim blossen Hören der klirrenden Töpfe auch noch nicht ahnen können, was für ein Ausmass dieses Unwetter annehmen würde. Denn erst danach hatte der Lärm des heftigen Regens zugenommen, so dass er in all seine Zimmer, zu all seinen Fenstern gelaufen war, um jedes Einzelne von ihnen zu schliessen. Und erst kurz nach dem Schliessen des letzten Fensters war der Hagel gekommen.

Beim Hagel hatte es sich um riesige Körner gehandelt, hart wie das Leben, so dachte es sich der gute Hans Himmelblau, und gross wie jene grossen Murmeln aus seiner Kindheit – gab es doch stets zwei Grössen von Murmeln, wobei die grossen Murmeln rarer und irgendwie auch unbeliebter waren als die normalgrossen Murmeln.

Dann vermochte sich Hans Himmelblau auch noch daran zu erinnern, dass er während des Hagels für einen kurzen Moment gar ernsthaft Angst um seine Fenster, also um seine Scheiben gehabt hatte. Er war sich nicht sicher gewesen, ob diese den Körner, so gross wie jene grossen Murmeln aus seiner Kindheit, hatten standhalten können, derweil seine Hände gar ein wenig gezittert hatten, so laut und böse dieses Unwetter mit den Körner, die so hart wie das Leben, doch gewesen war. Hans Himmelblau biss herzhaft in sein Honigbrot. Dann fasste er sich an den Kopf. Und zerknüllte den Zettel.

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Autor: david

bad neighbourhood

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