Du willst die Vergangenheit loswerden, all diese Krämpfe und Brüche? Doch das kannst Du nicht. Solange Du unter den Lebenden weilst. Die Vergangenheit ist der Resonanzkörper Deiner Gegenwart. Und die Zukunft ist, ach, so ungewiss.
Klar, sie haben Dein Herz gebrochen.
Doch ist es wieder zusammengewachsen. Vielleicht erscheint es nicht mehr so wohlgestalt wie vorher, mit all diesem wuchernden Narbengewebe.
Doch tut es seinen Dienst noch. Es schlägt ja.
Ich weiss noch, wie Du dort auf dem Bett lagst, im Hotel zur allerletzten Laterne. Nackt. Dich in Tränen aufgelöst hast. Bis Du davon geschwommen bist.
Ins Niemandsland Deiner schweren Träume und bitteren Illusionen.
Ich weiss noch, wie Du am nächsten Morgen aufgewacht bist. Nicht weniger traurig. Aber gefasst. Immerhin bereit für einen weiteren Kaffee, eine weitere Zigarette, einen weiteren Tag.
Und Wochen zuvor bist Du noch geritten, auf den Wogen des Glücks, schreiend, auf meinem Schoss, mit fliegenden Haaren, geschlossenen Augen, hüpfenden Brüsten.
Und Wochen zuvor hast Du noch gespielt, auf meiner Flöte, kniend, ein Lied, das nachhallt, in den Labyrinthen meiner Erinnerungen.
Vor allem in jenen tiefen sternenlosen Nächten. Hier drüben, wo ich nun als Schatten unter Schatten wohne.
Und Wochen zuvor hast Du Dich noch umgedreht, mit einem Angebot, dem ich nicht widerstehen konnte. Und ich bin, wie jenes alte Wüstenkamel, durch ein Nadelöhr ins Wunderland gekommen.
Ja, wie Kannibalen haben wir uns aneinander gelabt.
Ich habe Deine Himmel kennengelernt – und Deine Abgründe, ach, Deine Abgründe. Ich bin in Deinem Meer geschwommen. Habe Deinen Staub eingeatmet.
Und gerne habe ich es getan.
Doch dann wurde ich plötzlich abgeholt, von jenem Fremden, dessen Einladungen man nicht ausschlagen kann. Bin ihm gefolgt, ums nächste Eck nur.
Bis ich plötzlich feststellen musste, dass wir an einem Ort angekommen waren, von dem es keine Wiederkehr gibt.
Nun kann ich Dich sehen. Doch Du siehst mich nicht mehr. Ich umhülle Dich. Wie ein flüchtiger Dunst. Du magst etwas spüren.
Doch kannst Du nicht wissen, dass ich es bin.
Wer jenseits der Schwelle angekommen ist, wird keine Körper mehr berühren. Nur noch die Seelen, gleichsam wie ein Hauch. Aber auch das vergeht mit der Zeit.
Ich weiss noch, als Du dort auf dem Bett lagst, im Hotel zur allerletzten Laterne. Nackt. Dich in Tränen aufgelöst hast. Bis Du davon geschwommen bist.
Ins Niemandsland Deiner schweren Träume und fiebrigen Visionen.
Doch ich habe auch gesehen, wie Du wieder aufgestanden bist, Dich in den Strom des Lebens geworfen hast. Er hat Dir Glück gebracht. Was mich gefreut hat.
Hier, auf der anderen Seite. Im Reich der Schatten.