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Ihr Kinderlein gehet

Der Herbst war kalt und nass – und das hat Konsequenzen: Es jüngelt die Menschheit. Heieiei.

Wer nicht gerade schwanger ist, hat gerade erst ein Baby bekommen. Üüüüüberall stehen Frauen mit an ihren Busen geschnürten, tuchumwickelten Knäuelchen, aus denen zwei winzige Füsschen lugen. Ich finde das ja sehr herzig. Vor allem seit ich meinen Gottibuben habe, finde ich kleine Kinder viel superer als früher.

Was ich noch viel lustiger finde, sind aber Streitgespräche zwischen Kinderlosen und Eltern. Vor allem in Online-Foren, auf FB oder in den Kommentarsektionen irgendwelcher Tageszeitungen. Es amüsiert mich wirklich selten etwas mehr. Ausser wenn Raucher mit Nichtrauchern und Autofahrer mit ÖV-Benutzern streiten. Aber die Kinderdiskussion ist mein Favorit, weil die beiden Parteien so unsagbar unterschiedlicher Meinung sind, dass die Geschichte oft in üble Beschimpfungen ausartet und mit dem Sperren eines oder beider Beteiligter endet. GROSSARTIG! Man bringe mir das Popcorn.

Meist fängt’s ja harmlos an. Irgendein Blättchen titelt: „Die Zecken sind los“. Es folgt der erste Kommentar: „Oh nein, die Zecken. Fürio!!“ Dann „Muesch di halt ispraye“. „Ja, und mini Chind im Chindsgi, hä, Manuela H.? Sölli 3mal am Tag in Chindsgi gah, mini Chind go iinäble?“ Dann geht’s etwas hin und her und irgendwann folgt er, der folgenschwere Satz „MUESCH HALT KEI CHIND MACHE, CLAUDIA G.!“

Oooooh, man kann Claudia ja vieles sagen, aber wenn’s um Noah und Emma geht, dann ist also nicht gut Kirschen essen mit ihr. Was sich Manuela erlaube? Wer keine Kinder habe, könne solche Sachen einfach nicht verstehen. Dies findet Manuela ihrerseits natürlich komplett daneben, immer diese Mamis, sie habe einen sehr anspruchsvollen Hund und schreie auch nicht Zetermordio wenn der mal einen Holzbock habe. Ausserdem habe sie für solchen Seich einfach keine Zeit, weil sie ARBEITE und nicht den ganzen Tag zuhause sitze.

Ja, ob sie denn VERRÜCKT sei, schreibt da Claudia, Mutter sein sei ein Fulltime Job und sie sei halt nicht so karrieregeil. Wenn man nur einmal in die Augen seines eigenen Kindes geblickt habe, wisse man, dass Geld nichtig sei und carpe diem. Nun gerät Manuela ausser sich. Sie habe sich aktiv gegen Kinder entschieden, müsse aber doch das Gebrüll der Kinder anderer ertragen. Mutter sein möge ja ein Fulltime Job sein, aber ihr 100% Job sei auch einer und da wolle sie nicht auch noch ihr Trommelfell rausgeschrien bekommen im Zug auf dem Heimweg. Etc. Etc. Bla. Bla.

Und so beschimpfen sie sich denn munter über Stunden im Internet, während Noah und Emma vor dem Fernseher sitzen während draussen die Sonne scheint und der Hund von Manuela auf deren Kopfkissen kackt und sich anschliessend darin wälzt. Und so passiert bei den beiden sowohl im Internet als auch zuhause genau dasselbe: Gequirlte Scheisse.

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Autor: Yonni Meyer

Yonni Meyer (*1982) wuchs dort auf, wo’s mehr Kühe als Menschen gibt. Und das war gut so. Kantonsschule in der Nordschweizer Provinz (Hopp Schafuuse). Studium im Welschland (Sprachen und Psychologie). Umzug an die Zürcher Langstrasse 2011. Seither konstant kulturgeschockt. Ende Juli 2013 Geburt des Facebook-Blogs „Pony M.“
September 2013 Einstieg bei KULT. Ab 2014 Aufbruch in die freelancerische Text-Landschaft der Schweiz. Meyer mag Blues. Meyer mag Kalifornien. Meyer mag Igel. Meyer mag Menschen. Manchmal.

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