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Die Tonleiter rauf und runter

Trotz zwei gut bemessenen Dosen Bromazepam und zwei doppelten Scotches, ohne Eis, hat Gusti im Bauch des Flugzeugs keine Sekunde Schlaf gefunden.

Dauernd musste er sich Perma vorstellen, die wunderschöne, die geile, die hemmungslose Perma, die ihn in Hoboken, New Jersey, erwarten würde.

Vor dem Steakhouse, das den schönen Namen The Bloody Shack trägt.

Danach würden sie in das Häuschen von Perma fahren, in Maplewood,NJ, das sie von ihren eher jung verstorbenen Eltern, beide an Lungenkrebs, geerbt hatte.

Ja Perma, die kettenrauchende Sexmaschine.

In ihrem Häuschen würden sie eine Unmenge Gras und Whisky konsumieren.

Und sie würden es miteinander treiben. Die Tonleiter rauf und runter. Vögeln. Lecken. Blasen. Perma hatte Gusti schon vorgewarnt, per SMS: «Du glaubst nicht, was ich unter meinen Klamotten tragen werde, mein Lieber. Du wirst es sehen, wenn ich heute Nacht für dich strippe.»

Dies hatte unseren Gusti natürlich gehörig nervös gemacht. Im Flugzeug schloss er die Augen, stellte sich Perma in der aufregendsten Unterwäsche vor. Die inneren Bilder jagten einander.

Er konnte keines festhalten. Perma in einer ganz knappen Playsuit? Einem silberglänzenden Teddy? Klassisch, in Netzstrümpfen, mit Hüfthalter, Fliege um den Hals, dazu Tanga plus Push Up? Oder vielleicht in einer Netz-Catsuit? Jedenfalls mit hohen Stiefeln.

Er versuchte sie in seinem Kopf zum Strippen zu bewegen.

Aber er brachte nur ein nervöses Hin-und-Her zustande. Soll sie das Oberteil zuerst ausziehen? Oder das Höschen? Oder…?

Unglaublich erregt war unser Gusti im Bauch des Flugzeugs. Er konnte es kaum erwarten, seine Perma zu treffen. Dass sie vorher essen gehen wollte, war wieder typisch.

Sie spannte ihn vor einer erotischen Nacht gern ein bisschen auf die Folter. Um dann später alles, alles, alles zu tun, was er von ihr verlangte.

Erregt stieg Gusti aus dem Airbus, in Newark, NJ. Erregt überstand er die Immigration.

Erregt stieg er ins Taxi. Während der Fahrt schoss plötzlich ein massiver Lastwagen aus einer Seitenstrasse, ein Monster aus Metall. Ein Rotlicht missachtend.

Er drückte das Taxi, in dem unser Gusti sass, Beule in der Hose, mit Karacho gegen eine Hauswand. Gusti und der indische Taxifahrer waren sofort tot, hatten sich im Nullkommanichts in rote Konfitüre verwandelt.

Perma würde ewig warten müssen. Im Regen von New Jersey. Vor dem Steakhouse, das den schönen Namen The Bloody Shack trägt.

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Autor: Christian Platz

Lebt in Basel. Arbeitet überall. Reist recht viel. Vor allem nach Asien. Und in den Deep South der USA. Verdient sein Geld seit über einem Vierteljahrhundert mit Schreibarbeiten. Vorher hat er als Pfleger in einer Irrenanstalt gewirkt. Hat mehrere Bücher veröffentlicht. Spielt seit 40 Jahren fanatisch Gitarre, zwischendurch singt er auch noch dazu. Schreibt unter anderem für Kult. Ist manchmal gut aufgelegt. Manchmal schlecht. Meistens so mittel. Sammelt Bücher, CDs, Filme, Artefakte. In einem psychisch leicht auffälligen Ausmass. Verfügt, bezüglich der Dinge, die er sammelt, über ein lexikalisches Wissen. Platz ist einerseits ein Wanderer auf dem Pfad zur linken Hand. Andererseits Neofreudianer mit Waffenschein. Liebt Blues und Voodoo, Rock'n'Roll und die schwarze Göttin Kali. Trinkt gerne Single Malt Whisky aus Schottland. Raucht Kette. Ist bereits über 50 Jahre alt. Macht einstweilen weiter. Trotzdem wünscht er nichts sehnlicher herbei als die Apokalypse.

WARNHINWEIS:
Dieser Mann tritt manchmal als katholischer Geistlicher auf, stilecht, mit einem besonders steifen weissen Kragen am Collarhemd. Dies tut er in gänzlich irreführender Art und Weise und ohne jegliche kirchliche Legitimation. Schenken Sie ihm - um Gottes Willen - keinen Glauben. Lassen Sie sich nicht von ihm trauen, ölen oder beerdigen. Lassen Sie sich von ihm keinesfalls Ihre Beichte abnehmen. Geben Sie ihm lieber Ihr Geld.

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