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Sommer in Niederösterreich

Peppi, 46 Jahre alt, Landwirt. Steht am Morgen auf, vier Uhr, in den Stall, die Kühe füttern. Das Futter fährt er mit der Schubkarre über den Hof und wirft es den Kühen mit den Händen hin. Dabei lächelt er. Peppi sucht eine Frau. Seine hatte er 1992 geheiratet und neun Jahr später ist sie gestorben. Mit den Nerven, nach der Geburt, sie war nervenkrank. Den Jungen hat er alleine grossgezogen, also seine Mutter, eben. Peppi will schon wieder eine richtige Frau, weil wenn man mal ausfährt, oder in die Berge, oder beim Essen, Mittagessen, das alles ist doch viel schöner zu zweit, dass man nicht alleine essen muss sondern eine Frau und das Kind, eine richtige Familie eben.

Peppis Mutter sagt, dass keine mehr in den Stall will, drum findet er keine. Sie gehe gerne in den Stall, aber sie mag auch nicht mehr so, im Alter, aber von den Jungen will ja keine mehr in den Stall. Peppi raucht nicht, trinkt nicht. Aber er geht halt auch nicht gerne aus, aus der Luft komme keine, sagt die Mutter und lacht, stösst ihn an und er lacht auch. Und dann will Peppi eine Schlanke, keine Dicke und rauchen sollte sie auch nicht, aber heute rauchen sie ja alle, wenn er solche Ansprüche habe, so findet Peppi noch lange keine, und der Sommer ist jetzt dann da und dann der Herbst und schon ist wieder Winter und kalt, und die Geräte müssen unterhalten werden, der Traktor tuts noch, um eine der Schubkarren siehts schlecht aus, zwei müssens schon sein, eine für das Futter, eine für den Mist. Die Heizung im Badezimmer funktioniert wieder, Schalter kaputt, musste er auch erst mal rausfinden. Im Stall hats wieder mehr Platz, seit letzte Woche zwei Säue verreckt sind, einfach so, erst hatte Peppi Angst, Seuche, dann hätte er alle abtun müssen, aber den anderen geht’s recht gut soweit.

Auflauf isst Peppi am liebsten, Auflauf von seiner Mutter – Mutter lacht. Lautloses, wissendes Lachen – den müsste eine Frau schon auch können, das ist er sich nun mal gewohnt und viele Freuden leistet er sich ja sonst nicht. Und Tiere gern haben sollte sie auch, wenn nicht die Säue, dann wenigstens die Hühner, die Säue könne er schon weiter übernehmen, nebst den Kühen, ist auch gescheiter, die kennen ihn und eine davon fremdet ein bisschen wenn ein anderer als Peppi den Stall ausmistet, die Kühe geben sonst kaum Probleme, melken, ja, wie gesagt, macht er selber, aber die Hühner brauchen auch Auslauf, und der Hund, und dann ist noch ein bisschen Land da, gleich hinter dem Haus, das liegt brach, seit dem Tod seiner Frau hat er nichts mehr gemacht, sie hatte da Salat angepflanzt und Kräuter für den Markt, seither ist der Garten verwaist, da könnte man wieder was machen mit dem Flecken.

Sein Sohn ist recht herausgekommen, viel zu waschen ist da nicht, ein Hemd und eine Hose für die Woche, ein schönes Hemd und eine schöne Hose für Sonntag, gebügelt, soll doch was hermachen, wenn man vor der Kirche steht und alle können einen sehen. Eigentlich kann er nicht klagen, sagt Peppi, hat ja alles, bloss eben eine Frau, er will nichts überstürzen, bis jetzt ging es auch, aber Mutter meint, in ein paar Jahren ist er fünfzig und sie vielleicht tot hinter dem Haus begraben, sie lacht und stösst Peppi an, und er lacht auch. Hinter dem Haus begraben, seine Mutter, niemals, Mütter sterben nie, aber wo sie recht hat, hat sie recht, die Frauen wollen lieber Jüngere, wenn sie schon in den Stall müssen und ab fünfzig ist man alt, da wird’s erst recht schwierig, und der Sohn ist dann auch bald erwachsen und geht weg vom Hof in die Stadt, etwas erleben, und dann ist er allein mit seinen Säuen und der toten Mutter hinter dem Haus, und der Herbst und der Winter machen die Jahreszeiten unter sich aus, der Sommer kommt schon lange nicht mehr, er tut nur so.

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Autor: Rainer Kuhn

Rainer Kuhn (*1961) hat das ganze Ding hier gegründet, aufgepäppelt, fünf Mal neu erfunden, vorher Werber, noch vorher Betriebsökonomie studiert, noch vorher Tennislehrer gewesen. Dazwischen immer mal wieder ein Kind gemacht. Wollte eigentlich mal Pferdekutscher im Fex-Tal werden, später dann Pfarrer. Im Herzen ein Landbub, im Kopf dauernd unterwegs. Schreibt drum. Hat ein paar Gitarren und ein paar Amps in der Garage stehen. Macht Musik, wenn er Zeit hat. Hat er aber selten. Blues und Folk wärs. Steht nicht gern früh auf. Füllt trotzdem die Kult-Verteilboxen jeden Monat mehrmals eigenhändig auf. Fährt Harley im Sommer. Leider mit Helm. Mag Mainstream-Medien nicht. Mangels Alternativen halt Pirat geworden. Aber das ist manchmal auch streng.

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