in

Liebe Soziale Medien

Ich ertrage es nicht mehr. Keine einzige Sekunde, keinen einzigen dieser bescheuerten Clips. Die immergleiche Dramaturgie. Die immergleichen Jurorenfressen – die sehen nämlich alle irgendwie identisch aus, wie verdammte Cyborgs. Und dann die Darbietungen: Ein übergewichtiges Mädchen steppt den Bären ins Koma, ein unidentifiziertes Objekt wirbelt mit Saltos und Flicflacs über die Bühne und erweist sich als Dreijähiger Knirps  in Windeln. Oder eine Magersüchtige brüllt so eindringlich zu Heavy Metal, dass es dir die Trommelfelle ruiniert. Das ist alles bewundernswert und ich zolle der Leistung dieser Talentierter Respekt. Aber verschont mich mit den Clips!

Denn die nächste Einstellung geht dann auf die Juroren, der erste hat das Gesicht zu einer Maske der Verblüffung verzogen, der nächste atmet pustend aus, als sei ihm soeben Jesus erschienen, während die dritte Tante den Kopf schüttelt, aber vorsichtig, damit der Puder nicht verrutscht und ihre Föhnfrisur nicht durcheinanderkommt. Unvermeidlich folgt dann der Kameraschwenk über ein begeistert applaudierendes Publikum, bevor man uns wieder das in Tränen aufgelöste Wunderkind zeigt, am besten in inniger Umarmung mit der in noch mehr Tränen aufgelösten Mutter oder dem Vater.

Ich kann nicht mehr, es kotzt mich an. Ja, es sind aussergewöhnliche Leistungen, krass. Aber wie soll man das überhaupt noch bemerken, geblendet von dieser hirnlosen Scheissshow mit der immer gleichen hirnlosen Scheiss-Dramaturgie  und den Idioten-Juroren? Wer schaut sich diesen Bullshit eigentlich an? Wer ist schuld, dass wir immer aufs Neue damit zugemüllt werden?

Das prangere ich an. Dann werde ich noch lieber mit der Bachelorette gefoltert.

Gefällt dir dieser Beitrag?

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Autor: Michèle Binswanger

Michèle Binswanger ist auf dem Land aufgewachsen und liebte Pferde. Dann studierte sie Philosophie und wäre fast Philosophin geworden. Aber weil ihre Kommilitonen immer so aussahen, als wären sie Jahre unabgestaubt im Schrank gestanden, erschien ihr das zu unglamourös. Also wurde sie Journalistin. Das ist zwar auch nicht viel glamouröser, aber der Job machte Spass. Die Phrasen, die sie in ihrem Job am häufigsten hört, sind: „Das ist aber mutig“. Und: „Ich bin zwar nicht immer gleicher Meinung, aber schreiben kannst du.“ Das würde sie auch unterschreiben.

Facebook Profil

Die besten 5 am Zürichwochenende

die besten 3 in basel