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Disrupt, corrupt, interrupt – Put on your masks!

Auch schon mal das Gefühl gehabt, wie eine echte Leibnizsche Monade durch das Universum zu schweben, in dieser Blase, verzweifelt „Love“ zu rufen, ungehört jedoch weitertreiben zu müssen, bis der große Monaden-Crash kommt?

That’s Love! Nostalgisch verklären wir die Vergangenheit, verlieben uns in Begriffe, die zu Wortfratzen mutieren und irgendwann weggespült werden, hinein in diesen Sumpf aus Routine, Macht und Bedeutungslosigkeit.

Lösungen für diese Misere werden uns tagtäglich zuhauf angeboten. Paartherapien, Tantra, gewaltfreie Kommunikation, Askese, Orgasmus-Strategien und noch allerlei mehr Wunderwaffen für das erfolgreiche Ringen um Liebe. Dass wir uns in diesen Datenmengen verheddern und den Begriff der Liebe nicht eigenständig besetzen, fällt uns nicht einmal mehr auf. Gefangen in einem Gespinst aus Tipps, Tricks, Prophylaktica, irren wir durch Welten, die uns immer wieder Liebe vorgaukeln, die aber doch nur Simulacren sind. Wenn wir danach greifen und mit den uns zur Verfügung stehenden Teststreifen – Psycho-Zeitschriften, Songs, Seminare, Facebook – ihren Wirklichkeitsgehalt überprüfen wollen, gelingt es uns nicht, da sie sich längst schon wieder verflüchtigt haben. Unsere Ratio versagt. Trotz unseres Wissens um das Scheitern, der unzähligen Toten auf dem steinigen Weg der so called Liebe (which will always be a story that can’t be told thanks to Orange Juice), hecheln wir nach ihr, straucheln, disziplinieren uns, um endlich auf der Höhe zu sein, zu den Gewinnern zu gehören im High Gloss Universe of Love.

Dabei gibt es keine Lösung! Es gibt nur Auswege, nicht im Sinne eines unreflektierten, blinden Wandelns durch dunkle Wälder, bis wir, mehr zufällig als geplant, auf eine Lichtung stoßen. Nein, Auswege als Echappatoires, Ausfluchten, portes de sortie, die wir konstruieren und wählen, indem wir den ganzen Ballast abwerfen, uns aus dem Gewirr der Vergangenheit herausschälen und genau das Gegenteil tun von dem, was uns die Lösungstheoretiker vorschreiben.

Setzt eure Masken auf, lautet deshalb meine Devise.

Karneval ist eine dieser Fluchten, die es uns ermöglichen, unseren normierten, hierarchisch strukturierten Leben (Don’t cry! Punk is dead!) zu entkommen. Betreibt man das Karnevaleske exzessiv, erschafft man sich befreiende Gegenwelten. Exzentrizität ist zumindest ein wirksamer Hebel, Verschüttetes, Verdrängtes, Verborgenes aus unseren tiefsten Abgründen an die Oberfläche zu befördern, ohne öffentlich bestraft zu werden.

Ungestrafter Exzess ist jedoch noch kein Mittel, der Implosion der Liebe zu entgehen. Sich hineinbegeben in eine öffentliche, aber nicht weniger normierte karnevaleske Kontrakultur ist nur ein Schritt, aber nicht der entscheidende. Ein echtes Wagnis (und nur Risiko birgt die Chance auf einen emotionalen Quantensprung) geht derjenige ein, der das Spiel ins Leben trägt. Katharsis, Schillers Theater als moralische Anstalt … das Spiel ist zugleich das einzig funktionierende Risk-Management-Tool! Durch das Spiel haben wir zumindest eine kleine Chance, den gewaltsamen Ausbruch, den Zusammenbruch zu verhindern, den Zusammenbruch dessen, was wir Liebe nennen, denn danach streben wir, auch wenn wir noch so viele Stiche ins Herz bekommen und uns mit Wunden übersät durch die cold, cold night schleppen.

Das Spiel, die Verkleidung, die Maske brechen mit der Wirklichkeit, schaffen Eklipsen, in denen wir einen Moment lang nicht am Abgrund der Liebe vorbeischrammen. Wenn wir eine Maske aufsetzen, das Animalische, Wölfische, das Fremde, Eigenartige adoptieren, werden wir auf uns selbst, das Spektrum unserer Möglichkeiten zurückgeworfen. Indem ich die Determination des alltäglichen Seins zurückweise, immer noch Wesenspartikel meiner selbst beibehalte, verwandle ich mich in ein neues Wesen, bin dem Prozess der Transformation wie in Cronenbergs Fliege ausgeliefert, hilflos, erschreckend aufnahmefähig, kann mich delektieren an und erzittern vor meinem hündischen Wesen und „I wanna be your dog“ jaulen, ohne mich Schimpf, Schande, Lächerlichkeit preiszugeben.

Das ist der einzig wahre, echte Augenblick, in dem Monaden platzen und im kosmischen Chaos verschmelzen!

Theresa S. Grunwald

Ekstatische Verzückung, Devotion, deutsche Romantik – Theresa S. Grunwald, das Pseudonym dient als sprachliche Verhüllung, lebt nicht nur in einer pornographischen, von einem leisen Hauch Katholizismus durchwehten Welt. Der Durchbruch ins Animalische gelingt nicht immer, Hölderlins Liebe greift sie manchmal hart am Schopfe. Masken sind aber durchaus ein probates Hilfsmittel, um extreme Widersprüche, Sex und Liebe ist nur einer davon, in Genuss umzuwandeln.

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Autor: Theresa S Grunwald

Ekstatische Verzückung, Devotion, deutsche Romantik – Theresa S. Grunwald, das Pseudonym dient als sprachliche Verhüllung, lebt nicht nur in einer pornographischen, von einem leisen Hauch Katholizismus durchwehten Welt. Der Durchbruch ins Animalische gelingt nicht immer, Hölderlins Liebe greift sie manchmal hart am Schopfe. Masken sind aber durchaus ein probates Hilfsmittel, um extreme Widersprüche, Sex und Liebe ist nur einer davon, in Genuss umzuwandeln.

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