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Ich werde beten

Das Gebet, es mag umsonst sein, die Hoffnung vergebens. Allein, die Worte, sie vermögen keinen Frieden zu verleihen. Kein Friede in unserer Zeit.

Mein Gebet, das ich beten werde, soll nur für sie sein. Dafür, dass die Sonne sanft hinter dem Hügel untergeht, wenn die Glocke schlägt und der Wind durch ihre Haare weht. Der Wind, der sie gewärmt von ihrem dunklen Mantel über den kurvigen Weg zu mir bringt.

Mein Gebet für Frieden in unserer Zeit ist schwach, bleibt scheu und was ich versprechen kann, ist nicht viel. Denn ich bin kein reicher Mann. Mein Gebet bete ich, während ich ihr entgegengehe. Zuerst langsam, dann etwas schneller. Sie ist das Einzige, für was ich beten könnte. In der Nähe des grossen, einsamen Baums würden wir uns treffen, in der Mitte des braunen, matschigen Feldes auf dem der Bauer sein Heu vergessen hat. Das Licht ist schwach jetzt, die Sonne hat keine Kraft mehr und die Sterne sind noch nicht da.

Im schwindenden Licht

Es ist kein anderer da, die Welt, sie dreht nicht mehr, die Hoffnung verblasst im schwindenden Licht und sie kommt näher. Ihre Augen schimmern, zu weit entfernt, um sie lesen zu können, ihre Hände liegen ruhig in den Manteltaschen.

Die Zeit vergeht, ihre Schritte sind gleichmässig. Die Ungewissheit stört sie nicht. Der Wind ist die einzige Musik, unten in der Stadt gehen die Lichter an.

Ich werde beten. Beten, dir zu begegnen. Viel mehr kann ich nicht bieten, denn ich bin kein reicher Mann. Ich werde beten, denn ich bin kein besonders mutiger Mann. Ich bete und mein Herz ist stark und der Friede soll über unsere Zeit kommen, obwohl die Sonne verschwunden ist und die Sterne noch nicht da sind.

Ich werde beten. Für einen Kaffee. Für eine Zeit, die keinen Zweck hat und die doch ewig ist. Für den Glanz über einem kleinen runden Tisch in einem Bistro, das sich für immer verändern wird, nur weil sie da sitzt. Ich werde beten. Dafür, dass sie mir von ihren Träumen erzählt, sich vielleicht verlegen die Nase putzt und manchmal vielleicht nicht weiss, was sie sagen soll. Aber sie muss nichts sagen, weil sie das Licht der Welt in sich trägt. Das Licht und das Geheimnis.

Da werden Tauben sein

Der Spaziergang in gepflasterten Gassen soll nicht enden. Und nur die Berührung ihrer Fingerspitzen ist die Hoffnung nicht versiegender Altstadtbrunnen, aus denen längst niemand mehr trinkt, aber die trotzdem immer noch da sind. Da werden Tauben sein und die Menschen werden lächeln, denn sie hoffen, da ist Frieden. In unserer Zeit. Den Mantel hat sie viel getragen, ihre Finger sind stark, sie hat viel gearbeitet. Wir kommen in eine Gasse, der Himmel ist verdeckt, die Tauben sind weggeflogen. Der Lärm der Stadt hat uns alleine gelassen. Der Augenblick gehört nur uns.

Ich werde beten. Darum, sie auch nur sehen zu können. Sie sehen zu können auf dem hügeligen, gewundenen Weg. Auf dem Weg am Abend, an dem die Sonne untergeht. Auf dem Weg über das Feld, auf dem der Bauer das Heu vergessen hat. Ich bin kein reicher Mann und kann nicht viel versprechen. Aber ich werde beten. Ich werde dir entgegengehen. Die Sonne ist weg und die Sterne noch nicht da. Friede in unserer Zeit.

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Autor: Andy Strässle

Andy Strässle umarmt Bäume, mag Corinne Mauch und verleugnet seine Wurzeln: Kein Wunder, wenn man aus Blätzbums stammt. Würde gerne saufen können wie Hemingway, hat aber immerhin ein paar Essays über den Mann zu stande gebracht. Sein musikalischer Geschmack ist unaussprechlich, von Kunst versteht er auch nichts und letztlich gelingt es ihm immer seltener sich in die intellektuelle Pose zu werfen. Der innere Bankrott erscheint ihm als die feste Währung auf der das gegenwärtige Denken aufgebaut ist und darum erschreckt es ihn nicht als Journalist sein Geld zu verdienen.

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