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Szenen eines Konkubinats, Teil 1

«Ich habe nichts anzuziehen!» schluchzt sie herzzerreissend.

«Was hast du denn in deinen zwei Kleiderschränken – Sans Papiers?» versucht er sie aufzuheitern. In Nordkorea wäre er von ihr deswegen bereits exekutiert worden.

«Idiot!» schluchzt sie weiter. «Du weisst genau, was ich meine.»

«Stimmt, ich weiss was du meinst, aber ich verstehe es nicht.»

«Ach nichts passt mehr so richtig…»

«Weil du abgenommen hast? Habe es mir fast gedacht…» Das Todesurteil wird zu Gunsten eines Ritterschlags aufgehoben.

«Oh Schatz, danke, gell, du hattest schon lange keinen Blow Job mehr?»

«Lange? Ach geht so. Ich weiss nur, dass wir damals in den Sommerferien in der Toskana noch mit Lire bezahlt haben.»

«Du bist echt ein Vollpfosten!»

«Schatz, reden wir doch nicht immer von mir, sondern kümmern wir uns doch um deine Bedürfnisse!»

«Genau. Ich brauche dringend was anzuziehen.»

«Dann geh doch ins Shoppi Spreitenbach!»

«Wer bist du? DJ Bobo?»

«Nein, denn dann wärst du ja meine Mutter!»

«Stimmt, und du hättest Geld!»

«Du bist gemein!»

«Nein, nur verzweifelt!»

«Kann es sein, dass du gerade etwas prämenstruell bist?»

«Was? Diese klischeehafte Simplifizierung ist beleidigend, demütigend und frauenfeindlich. Ihr Männer seid alle gleich! Wie kommst du überhaupt darauf?»

«Weil wir genau vor einem Monat dasselbe Theater hatten.»

«Ist gar nicht wahr!»

«Und weil hier deine Pillenpackung liegt.»

«Oh. Stimmt, ich bekomme meine Tage, haha. Aber das hat nichts mit meiner Stimmung zu tun! Der Frauenkörper ist eben ein Mysterium.»

«Ich würde Körper und Geist im Sinne der ganzheitlichen Betrachtungsweise nicht trennen.»

«Du hast recht, das wäre schwierig für dich, du kannst ja nicht einmal Abfall trennen!»

«Jetzt bis du es, der Ärger sucht! Wie wäre es mal mit einer Entschuldigung, weil ich recht hatte vorher?»

«Hmmggfrmmppfff…»

«Geht das etwas lauter und deutlicher? Ich habe kein Wort verstanden!»

«Nein, ich entschuldige mich nur einmal, das muss reichen, basta. Du willst eh nur von meinem Problem ablenken.»

«Will ich gar nicht – wenn es denn ein Problem wäre! Schatz, erstens hast du zwei Kleiderschränke vollgestopft mit Klamotten und…»

«Aber…»

«Nichts aber! Und zweitens kannst du es dir auch gar nicht leisten! Du musst dringend mal deine Kreditkarte abbezahlen!»

«Ach, du willst mir also mit anderen Worten sagen, ich sei ein Versager, weil ich nicht so einen tollen und gut bezahlten Job habe wie deine Ex, die sich ja alles leisten konnte!»

«Auch sie hat über ihre Verhältnisse gelebt…»

«AUCH sie? Also ich lebe über meine Verhältnisse? Schön Monsieur, es tut mir leid dass ich dich ständig beschenke mit neuen Kleidern und Parfums, einfach, weil ich dir eine Freude machen will – aus Liebe! Tut mir leid wenn ich an dich denke, was du offenbar gar nicht schätzt.»

«Ach Schatz, sicher schätze ich es, aber liebe dich auch ohne die Geschenke. Es ist gar nicht nötig.»

«Das sehe ich anders.»

«Wie meinst du das?»

«Naja, dein Kleidungsstil war ja vor meiner Zeit… hm, sagen wir mal, etwas rustikal.»

«Was ist an Hoodies, Baggy-Jeans und weissen Sneakers falsch?»

«Alles. Und ich mag es halt, wenn du gut riechst.»

«Wieso? Hab ich früher gestunken?»

«Nein, das nicht…»

«DAS nicht? Jetzt bin ich grad ein wenig sprachlos.»

«Wie kann man ein wenig sprachlos sein? Man kann ja auch nicht ein wenig schwanger sein? Man ist es oder ist es nicht!»

«Was soll jetzt dieses Thema? Willst du mir etwas sagen?»

«Sicher nicht, hallo, ich kann ja gar nicht schwanger sein, erinnerst du dich? Ich bekomme meine Tage!»

«Bist du sicher?»

«Natürlich! Wär ich sonst so prämenstruell? …Oh Mist!»

«Yeah – Strike! High Five… nein?»

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Autor: Henrik Petro

In den 90ern prägte Henrik als Moderator von Sputnik TV trotz seines Ostschweizer Dialektes die Erinnerungen der Partyjugend bis heute. Während mehrere Jahre war er Chefredaktor des gleichnamigen Magazins. Später schrieb er fürs Fernsehen (u.a. Chefautor von Dieter Moor und Rob Spence, eine Folge der SitCom "Fertig Luschtig") und produzierte auch (u.a. 150 Folgen von "Der Scharmör"). Er war die ersten Jahre von Radio Street Parade Musikchef und war dann später einige Jahre Autojournalist.

Arbeitet heute hauptberuflich als Frauenversteher, aber da er von seinen Freundinnen, BFFs, Kolleginnen und wem er sonst noch sein epiliertes Ohr leiht, kein Geld dafür verlangen kann, dass sie ihm ihre Männerprobleme in allen Details schildern, arbeitet er zusätzlich noch gegen Entgelt als Chefredaktor in einem Fachverlag. Damit sein Hirn unter dieser Belastung (und wegen Handy-Antennen) nicht explodiert oder eine Selbstlobotomie durchführt (was ihm zwar die Aufmerksamkeit von Gunter von Hagen garantieren und somit zur Unsterblichkeit verhelfen würde), schreibt er Kolumnen für kult. Am liebsten über menschliche Begegnungen. Oder überhaupt über Menschen. Oder darüber, was Menschen so tun. Oder getan haben. Oder tun könnten. Oder sagen. Oder gesagt haben. Oder sagen könnten.

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reklame, die wir gerne öfter sähen, heute: conti reifen.