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Die eierkratzende Flatratesau

Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage: Ich bin ein Streamer. Will heissen: Ich besitze ein Netflix-Abo und einen Spotify Premium-Account. Man darf mich jetzt steinigen.

Ganz zu schweigen von den Brunch Buffets, an denen man sich zum Fixpreis den Bauch vollschlagen kann. Die mag ich auch. Und ich kenne zudem die Tricks und Kniffs, die es anzuwenden gilt, wenn man den Preis auch wirklich rausschlagen will (Fragen beantworte ich gerne im Anschluss an dieses Referat). Ausser im Dolder Grand, wo man nach dem 2 1/2 Stunden dauernden Zmorgezmittag auch noch das Besteck einpacken muss, damit sich die 100 Franken Investition für Erwachsene lohnt (50.- für Kinder unter 12 Jahren). Ich korrigiere: Einpacken MÜSSTE, damit es sich lohnen WÜRDE. Ich habe in diesem Luxustempel noch nie etwas geklaut.

Allerdings fühlt man sich tatsächlich wie ein Räuber, wenn man sich öffentlich outet, von Pauschalarrangements Gebrauch zu machen. Okay, das tönt jetzt etwas altbacken. Aber die Flatrate ist eben keine Erfindung der Neuzeit. Neu ist lediglich, dass man nicht mehr nur im Hotel einen Preis bezahlt und dafür nebst Bett alle Mahlzeiten erhält, sondern an vielen anderen Orten des täglichen Bedarfs einmal bezahlt und dann so viel bekommt, wie man will. Respektive KANN. Gerade im Flate Rate Puff hat sichs nämlich sehr schnell mal ausgepufft. Kaum einer kann mehr als einmal, wenn überhaupt. Das liegt in der Natur der schönsten Nebensache. Deshalb lohnt sich ja dieses Geschäftsmodell ja, auch andernorts. Ich kann jeweils nur ein Lied hören oder einen Film schauen, und dies auch bloss 24 Stunden pro Tag. Allerdings meist eher weniger, da ich auch noch anderen Nebenbeschäftigungen nachgehe nebst dem Streamen.

Das Leben immer teurer, und am Ende des Monats bleibt immer weniger in der Geldbörse übrig. Logisch, dass man da gerne weiss, was es für einen bezahlten Preis gibt. Ohne Netz und doppelten Boden, ohne böse Überraschungen und Nachforderungen mit Zins und Zinseszins. Eine Monatsrechnung fürs Handy und dafür telefonieren können, ohne die Minuten zu zählen. Ein ÖV-Monatsabonnement kaufen, anstatt auf halber Strecke stehen zu bleiben, weil die Moneten ausgegangen sind. Eine Wochenkarte für ein ganzes Skigebiet statt Lochkarte… Et cetera, et cetera.

Nebst der Musikanten- und der Filmgilde jammert seit neuestem auch noch die Buchbranche. Dies, nachdem Amazon zur Frankfurter Buchmesse eine E-Book-Flatrate angekündigt hat. Für 9.99 Euro pro Monat Zugang zu einer Auswahl Bücher – was für eine Sauerei! Was für eine Sauerei? Ich erinnere mich an eine Flatrate, von der ich vor über dreissig Jahren schon à discrétion profitiert habe: Für einen Franken pro Monat Tummult auf der Kyburg, Das Fliegende Klassenzimmer, Die Drei ??? und vieles mehr – so viel ich lesen konnte, aus der städtischen Bibliothek. Weshalb denn jetzt plötzlich diese Aufregung?

Nein, hier handelt es sich nicht um eine abschliessenden Auseinandersetzung mit der ‚All you can eat’-Thematik, sondern um eine emotionale Bestandesaufnahme aus der Sicht eines Konsumenten. Ja, auch den gibt es noch in der Nahrungskette, und er ist ein nicht unrelevantes Glied davon. Wir befinden uns mitten in der technischen Evolution, bei der die Zahnräder immer schneller drehen. Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Und wenn ich an dieser Stelle noch Charles Darwin (1809 – 1882) zitieren darf: “Nicht die Stärksten überleben oder die Intelligentesten, sondern die am meisten bereit zum Wandel sind.”

P.S.: Flatrates gibts übrigens auch zum Nulltarif, und an jeder Strassenecke. Einmal lächeln beispielsweise ergibt rundherum gute Laune; eine gute Tat führt zu gehobener Stimmung und Anstand und Fairness zu gesteigerter Lebensqualität. Einfach probehalber mal anwenden und nicht erstaunt sein, wenn massenhaft davon retour kommt.

P.S. 2: Eierkratzende Flatratesau? Eine Anlehnung an die

Eierlegende Wollmilchsau (auch eierlegendes Woll(milch)schwein) ist eine umgangssprachliche Redewendung, mit der etwas (eine Sache, Person oder Problemlösung) umschrieben wird, das „nur Vorteile bringt, alle Bedürfnisse befriedigt, allen Ansprüchen genügt“. Die Redensart benutzt zur Beschreibung dieser Eigenschaft das Bild eines Nutztiers (Hybridwesen), das Eigenschaften von Huhn (Eier legen), Schaf (Wolle liefern), Kuh (Milch geben) und Schwein (Fleisch) in sich vereint. (Quelle: Wikipedia)“

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Autor: Pete Stiefel

Pete konnte pfeifen, bevor er der gesprochenen Sprache mächtig war – und an seinem ersten Schultag bereits schreiben. Trotzdem ist er da noch einige Jahre hingegangen. Danach schrieb und fotografierte er fürs Forecast Magazin, für Zürichs erstes Partyfoto-Portal stiefel.li, fürs 20 Minuten, MUSIQ, Q-Times, Party News, WORD Magazine, war Chefredaktor vom Heftli, lancierte das Usgang.ch Onlinemagazin – und er textete für Kilchspergers und von Rohrs Late Night Show Black’N’Blond und Giaccobo/Müller. Er trägt (vermutlich) keine Schuld daran, dass es die meisten dieser Formate mittlerweile nicht mehr gibt.

Irgendwann dazwischen gründete er in einer freien Minute seine eigene Kommunikationsagentur reihe13, die unterdessen seit weit über 13 Jahren besteht. Er ist mittlerweile in seiner zweiten Lebenshälfte, Mitinhaber vom Interior Design Laden Harrison Interiors, schrieb unterdessen Pointen für Giacobbo / Müller, Black 'n' Blond (mit Roman Kilchsperger und Chris von Rohr und irgendwann auf dem Planeten Kult gelandet. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein grosser Schritt für Pete.

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