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Szenen eines Konkubinats, Teil 2

«Schatz, nimmst du noch zwei Aldi-Säcke mit? Die sind auch genügend gross.»

«Schon daran gedacht, Schatz, sie liegen parat.»

«Prima – können wir los?»

«Grad, ich muss mich nur noch schnell aufhübschen.»

«Wieso denn? Du siehst super aus, wie immer! Turnschuhe an, Jacke und los!»

«Moment, so kann ich nicht aus dem Haus.»

«Wem willst du gefallen? Dem glatzköpfigen Kassierer oder dem pickligen Praktikanten, der die Rollgestelle rumschiebt?»

«Ach der ist doch süss! Mit seinen rüebliroten Haaren. Ob der schon je eine Freundin hatte?»

«Höre ich da eine Entjungferungsfantasie zwischen den Zeilen?»

«Jö, du bist eifersüchtig? Auf den?? Mhh, das macht mich jetzt grad ein bisschen scharf..!»

«Das find ich prima und du weisst, ich bin immer für einen Quickie zu haben, aber du darfst gerne an meiner Hose nesteln, wenn wir zurück sind. Ich bin jetzt im Poschtimodus. Also los, hopp, jetzt!»

«Du weisst genau, ich kann so nicht aus dem Haus!»

«Wieso? Wir gehen nur in den Aldi und nicht in die Oper!»

«Wir gehen auch sonst nie in die Oper!»

«Ja das war dänk metaphorisch gemeint. Komm, los, bevor halb Züri den Laden flutet!»

«Nein, das muss jetzt sein. Es dauert nicht lange!»

«Das letzte Mal, als du diesen Satz an einem Samstagmorgen sagtest, mussten wir in der 24-Stunden Tankstelle einkaufen, weil alle anderen Läden schon zu hatten!»

«Ha. Ha. Hatten wir heute einen Clown zum Frühstück?»

«Blöde Frage, das wüsstest du doch, wir haben ja schliesslich gemeinsam gefrühstückt!»

«Das war dänk auch metaphorisch gemeint!»

«Hör mal, das Metapher-Monopol in unserer Beziehung habe ich!»

«Aha. Und was darf ich?»

«Rumzicken.»

«Hm, das ist fair! So, ich habe fertig. Wir können los.»

«Eben, sag ich ja, wir haben eine perfekte Rollenverteilung, davon können andere Pärchen nur träumen! Ich koche gerne, du räumst gerne auf…»

«Stimmt. Ich geb mir Mühe, du lässt dich gern bedienen…»

«He, verarscht du mich?»

«Gut kombiniert, Watson!»

«Abgesehen davon stimmt das nur zum Teil. Im Schlafzimmer ist es nämlich genau umgekehrt!»

«Ach jö, beklagt sich der Herr?»

«Nein, ich meinte nur…»

«… dass ich es im Bett nicht bringe?»

«Das habe ich nicht gesagt! Aber es ist schon so, dass ich öfter bei dir…»

«Soso, und wer hat vorher wem an der Hose genestelt?»

«Ja das hast du nur gemacht, weil du eh wusstest, dass wir gleich los müssen und dir das Spass macht, mich zu teasen.»

«Weisst du was? Wenn dir unser Sexleben nicht passt, dann such dir doch eine andere! Es gibt sicher genug notgeile Schlampen, die dir gerne ihren Arsch genau dann hinhalten, wenn es Mössiö gerade passt!»

«Also wenn sie nur hinhalten, dann kann ich genau so gut bei dir bleiben!»

«Du bist ja so ein Arschloch!!»

«Schatz, beruhige dich! Und hör auf zu Heulen! Das habe ich dich nur gesagt um dir zu zeigen, was für einen Blödsinn du da redest!»

«Du willst keine andere?»

«Auf keinen Fall!»

«Okey, weil so eine wie mich findest du auch kein zweites Mal!»

«Hm, das wär ja auch nicht der Sinn, wenn ich eine andere…»

«Du bist sowas von…»

«Haha, easy Schatz, wir sind da. Wo sind die Aldi-Taschen?»

«Hier!»

«Aber… das sind Denner-Säcke! Keine vom Aldi!»

«Ja und? Macht doch keinen Unterschied? Sind beides Discounter.»

«Doch, es macht einen Unterschied! Die Aldi-Taschen sind viel grösser! Und du weisst, wir kaufen im Aldi immer soviel, das hat in zwei Denner-Tüten niemals Platz!»

«Oh Mann, na dann kaufen wir halt noch eine Aldi-Tasche! Sind ja nur 30 Rappen.»

«Ja, aber es ärgert mich, weil wir zuhause schon so viele davon haben.»

«Weil du nichts wegschmeissen kannst.»

«Warum auch? Die Taschen sind noch absolut in Ordnung. Das ist doch voll dumm, wenn wir wieder und wieder Taschen kaufen. Weisst du was? Dann kaufen wir heute nur das Nötigste ein, dann sollten die Taschen reichen.»

«Oh. Mein. Gott. Weisst du was? Ich bezahle die 30 Rappen, okay?»

«Darum geht es nicht. Ausserdem bezahlen wir den Einkauf eh von unserem Gemeinschaftskonto mit EC.»

«Dann zahl ich das nächste Mal eben 30 Rappen mehr auf unser Gemeinschaftskonto ein. Zufrieden?»

«Grundsätzlich schon. Aber ich befürchte, du wirst das einfach wieder vergessen.»

«Himmel. Ist das dein Ernst? Du machst so ein Geschiss wegen 30 Rappen? Kommen deine Eltern aus Schottland?»

«Es geht nicht ums Geld!»

«Nein? Dann können wir das Thema ja beenden.»

«Es geht ums Prinzip.»

«Aus welcher schlechter Sitcom hast du jetzt das wieder?»

«Aus der Sitcom ‘Mein Leben und ich’.»

«Ist das die mit der Schauspielerin, die Nebel heisst?»

«Nein, das ist eine Sängerin. Die Schauspielerin, die du meinst, heisst Wolke. Und nein, ich meinte nicht diese Serie, sondern mein richtiges Leben. Hier geht es um Grundwerte.»

«Du musst nicht reden wie ein Politiker, ich hab dich doch schon gewählt. Wir sind im Aldi, nicht im Bundeshaus.»

«Da bin ich froh. Nein echt. Mit jeder anderen wärs langweilig.»

«Eben. Und bin ich darum nicht viel mehr wert als 30 Rappen?»

«Doch! Jedenfalls solange du den Einkaufswagen schiebst: nämlich einen Franken.»

«Sag deinem Sexleben auf Wiedersehen. Das siehst du mindestens drei Monate nicht mehr.»

«Ach komm, du hältst es ja selber nicht drei Monate ohne Sex aus.»

«Wer hat denn gesagt, dass ich keinen Sex haben werde..? Und da wir grad beim Thema sind: Wo ist eigentlich der picklige Praktikant, der die Gestelle rumschiebt? Das war ein Scherz, hallo! Du kannst das Messerset wieder zurück legen. Auch wenn es heruntergesetzt ist. Wir haben nämlich keinen Platz in den mickrigen Taschen, die wir dabei haben. Und eine zusätzliche Aldi-Taschi liegt leider nicht mehr drin im Budget, sorry.»

«Schatz, ich hab dir heute noch gar nicht gesagt, wie gut du aussiehst.»

«Siehst du? Genau deswegen hab ich mich aufhübschen wollen. Ach und vergiss nicht, mir nachher den Stutz, den du für den Einkaufswagen von mir geliehen hast, wieder zurück zu geben.»

«Aha. Macht dich Geiz eigentlich geil?»

«Nein, im Gegenteil, Dagobert Duck. Hier geht es ums Prinzip.»

«Warum red ich eigentlich? Gegen dich hab ich eh keine Chance!»

«Genau deswegen. Um mir jedesmal diese Bestätigung zu geben, die ich sowas von geniesse!»

«Frage an mich: Ist das Dummheit?»

«Nein, Liebe!»

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Autor: Henrik Petro

In den 90ern prägte Henrik als Moderator von Sputnik TV trotz seines Ostschweizer Dialektes die Erinnerungen der Partyjugend bis heute. Während mehrere Jahre war er Chefredaktor des gleichnamigen Magazins. Später schrieb er fürs Fernsehen (u.a. Chefautor von Dieter Moor und Rob Spence, eine Folge der SitCom "Fertig Luschtig") und produzierte auch (u.a. 150 Folgen von "Der Scharmör"). Er war die ersten Jahre von Radio Street Parade Musikchef und war dann später einige Jahre Autojournalist.

Arbeitet heute hauptberuflich als Frauenversteher, aber da er von seinen Freundinnen, BFFs, Kolleginnen und wem er sonst noch sein epiliertes Ohr leiht, kein Geld dafür verlangen kann, dass sie ihm ihre Männerprobleme in allen Details schildern, arbeitet er zusätzlich noch gegen Entgelt als Chefredaktor in einem Fachverlag. Damit sein Hirn unter dieser Belastung (und wegen Handy-Antennen) nicht explodiert oder eine Selbstlobotomie durchführt (was ihm zwar die Aufmerksamkeit von Gunter von Hagen garantieren und somit zur Unsterblichkeit verhelfen würde), schreibt er Kolumnen für kult. Am liebsten über menschliche Begegnungen. Oder überhaupt über Menschen. Oder darüber, was Menschen so tun. Oder getan haben. Oder tun könnten. Oder sagen. Oder gesagt haben. Oder sagen könnten.

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reklame, die wir gerne öfter sähen, heute: utica beer.