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«Return Of The Moonrocks»: Tanz mit der Schlange

Mit «The Return Of The Moonrocks» ist dem Basler Trio eine Überraschung gelungen, wenn nicht sogar das Album des Jahres. Die Band verschmilzt sumpfigen Blues mit metallischer Schwere. Aber gross wird die Platte vor allem dadurch, dass The Moonrocks sich mit ihrem Sound treiben lassen und nicht umgekehrt.

Da ist eine Freiheit, Wildheit auch, der Mut den Sound gehen zu lassen. Während Hip Hop im vergangenen Jahrzehnt den Blues wieder hip machte, ringt das Basler Trio mit der Schlange aus den Sümpfen auf die schwere englische, gitarrenlastige Art.

Schon der dreieinhalbminütige Opener «The Devil» wälzt sich heavy im Schlamm und verspricht: «The Devil, he is always by your side». Warum genau, wissen wir nicht, nur soviel, dass er unseren Namen kennt und man sich vor ihm nicht verstecken kann. Immerhin verspricht der Teufel «Money, Sex and Fame» und da scheint die Gitarre kurz nachdenklich innezuhalten. Das Stück ist eine Art Blues-Boogie, auch wenn es den vielleicht gar nicht gibt.

Die Rhythmusgruppe mit Bassist Stephan Wessendorf überrascht mit satter Härte auf «Celestial Superglue» und erstmals deutet Gitarrist Sänger (und KULT-Autor) Christian Platz an, dass seine Intonation mit allen Wassern gewaschen ist, seine Stimme mehr Tiefe hat, als man zuerst meint. Ein erstes Innehalten folgt auf «Everyday», ein verschlepptes Stück auf dem Drummer Christian Wessendorf präzise Akzente setzt – und die Gitarre messerscharf daherkommt. Damit ist die Reise lanciert und die nächsten Stücke werden zur unberechenbaren Achterfahrt.

Der Sound des Albums ist fest verankert in allen Spielarten des Blues. Als Sänger riskiert Christian Platz auch einmal einen «Yodel» – bluesigen und echten, es gibt Talking Blues-Passagen und dann etwa in «Kathmandu» die trockene Sehnsucht einfacher Gefühle. Die ganze Zeit steht der Sound gleichzeitig auf der Inspiration der schweren Gitarren von Black Sabbath und Led Zeppelin. Zusammen eine gute Geschichte.

Während The Moonrocks in den 2000er Jahren zwei EPs präsentierten: Die Basler Mundart-Platte «Wie my Rhy» und ein Instrumental-Album «The Sound Of Clair-Obscur», das sie auch live am gleichnamigen Filmfestival präsentierten, liegt das letzte vergleichbare Album zwanzig Jahre zurück. Mit «Freaky Preparations, Nasty Degradations» bewies das Trio mit «Freaky» eine rockige und poppige Vielfalt. «Freaky» zeigte eine enorme stilistische Bandbreite, von wütendem Hardrock, über Reggaeeinflüsse bis hin zu Southern Rock-Harmonien.

Die einstündige CD war unberechenbar, verspielt und zeigte jene Eigenständigkeit, die sich nicht sauber in marketinggerechte Schubladen versorgen lässt, damit wieder Ordnung herrscht.

Und genau darum ist «The Return Of The Moonrocks» ein grosser Wurf: Hier zieht ein perfekt eingespieltes Trio sein Ding durch. Es wird Musik gespielt, die Zügel werden fallengelassen. Durch diese Freiheit und die vordergründige Einfachheit eines Trio-Sounds entsteht eine angenehm unterproduzierte Musikalität. Trotz der puristischen Ausrichtung – eben nur ein Trio, keine Flausen – ist «The Return» nie langweilig. Im Gegenteil die Platte steigert sich stetig bis zu «The Hour Of The Wolf». Sicher in der Tierwelt angekommen, zurück zu den Schlangen: Es ist schwer mit ihnen zu tanzen. Aber mit «The Return Of The Moonrocks» hat das Basler Trio, das seit 1989 ohne Pause aktiv ist, genau das geschafft.

http://www.moonrocks.ch

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Autor: Andy Strässle

Andy Strässle umarmt Bäume, mag Corinne Mauch und verleugnet seine Wurzeln: Kein Wunder, wenn man aus Blätzbums stammt. Würde gerne saufen können wie Hemingway, hat aber immerhin ein paar Essays über den Mann zu stande gebracht. Sein musikalischer Geschmack ist unaussprechlich, von Kunst versteht er auch nichts und letztlich gelingt es ihm immer seltener sich in die intellektuelle Pose zu werfen. Der innere Bankrott erscheint ihm als die feste Währung auf der das gegenwärtige Denken aufgebaut ist und darum erschreckt es ihn nicht als Journalist sein Geld zu verdienen.

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