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Mond Monolog

Eigentlich war alles ganz anders. Alles war ziemlich verschwommen. Wenig schien Sinn zu machen. Vielleicht war es spät, als ich erkannte, der schwarze Slip war ein tolles Dreieck zwischen den Beinen.

Ganz offensichtlich wurde es eng, als ich erkannte, der ebenso schwarze BH war ein Versprechen. Das brachte mich zunächst nicht aus der Ruhe. Die Offenheit schien nur für einen kleinen Moment verstörend. Hey, Frau, Slip, ein BH, alles halb so wild, träumte ich vor mich hin. Diese Dinge gibt es, der Mond kennt sie alle. Wer bin ich schon? Mit dem Mond kann man nicht diskutieren.

Ich drehe mich um, der Schlaf wird mir nicht entkommen. Ich bewege mich, habe meine Hand an deiner Brust. Das ist nicht schlecht. Der Stoff ist rutschig, die Fasern zwischen den Fingern erzählen schon fast eine Geschichte, ein sanftes Relief scheint zu raunen, nimm mich weg. Es kann keinen anderen Grund dafür geben, warum ausgerechnet ein Bikini-Oberteil eine Geschichte erzählen sollte. Dein Körper scheint sich zu strecken, grösser zu werden, faul reckst du dich mir entgegen. «Dreh’ Dich um, träum weiter, es ist ein guter Traum», sage ich mir.

Keine Ahnung, wann meine Hand gefangen wurde, keine Ahnung wie sie in Gefangenschaft geriet. Mittlerweile finde ich mich einen heissen Träumer. Keine ausweglosen Situationen, keine Abgründe, endlich läuft mal etwas Gutes im Programm. Natürlich bin ich sofort bereit umzuschalten. Ich bin ja müde. Willenlos taste ich mich an diesem Slip entlang. Die Spannung ist jetzt irgendwie keine gute Sache mehr. Mein Körper scheint verloren auf einer Reise, in der ich nun doch mehr und mehr fiebrig die Ruhe verliere. Mein Herz wird schneller, die Sehnsucht grösser. Ich bin verloren. Irgendetwas müsste mich jetzt schon erlösen, keine Ahnung was.

Dann haben wir uns geküsst. Soviel ist sicher. Es hat die Sache nicht besser gemacht. Plötzlich scheine ich auf einer immer schnelleren Reise zu sein. Immerhin ist der BH weg. Die Geschichte gerät ausser Kontrolle und mein Körper ist ein Bogen, der sich immer gieriger gegen jeden Widerstand reibt. Einen Augenblick lang sehe ich den Humor im Moment, als ich buchstäblich den schwarzen Stoff ablecke. Er ist weich und nass jetzt, das Darunterliegende will sich entziehen, schafft es aber nicht. Keine Ahnung, was da jetzt der Plan sein soll: Den verdammten Stoff wegzulecken, während es nichts gibt, wogegen ich meine Mitte reiben kann. Alles ist verloren. Alles gierig. Irgendwie muss ich die Zeit finden, die Unterhose wegzukriegen.

Ich geniesse den Geruch zwischen deinen Beinen. Sehne mich nach Erlösung, aber auch nach Unendlichkeit. Wegdrehen will ich mich nicht mehr, kann ich mich nicht mehr. An einen ruhigen Schlaf ist nicht mehr zu denken. Der Slip ist weg, ich bin sicher, dass das nicht mein Traum ist. Ich versinke zwischen deinen Beinen, ohne schwimmen zu können, aber das ist jetzt egal. Meine Träume, oder mindestens die Träume, die ich träumen kann, sind ausweglos und Leute sterben. Es klappt ganz gut, viel braucht es nicht mehr und du stirbst einen süssen Tod. «Gut», hoffe ich und nehme mir vor, dich das einmal zu fragen, ob du das wirklich toll findest, selbstverständlich erst dann, wenn ich wach bin.

Irgendwann hilft alles nichts mehr. Der absolute Durschnitts-I-Phone-Klingelton kennt keine Gnade. Der Tag ist da. Die Zeit der Träume vorbei. Die Stunde gekommen, sich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Eigentlich war alles ganz anders, hoffe ich als du reinkommst und fragst, ob ich deine Unterhose gesehen hätte. Wir waren spät, tranken Kaffee im Stehen, aber ich konnte sagen: «Vielleicht gibt es eine Frage weniger, die ich dir stellen könnte.»

Blöd nur, dass du einfach so sagtest: «Komisch, dass du das fragen musst.»

Mit einem Kuss und einem «Mach nur weiter so», warst du weg und immerhin war ich überzeugt, der Mond kennt diese Dinge. Alle.

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Autor: Andy Strässle

Andy Strässle umarmt Bäume, mag Corinne Mauch und verleugnet seine Wurzeln: Kein Wunder, wenn man aus Blätzbums stammt. Würde gerne saufen können wie Hemingway, hat aber immerhin ein paar Essays über den Mann zu stande gebracht. Sein musikalischer Geschmack ist unaussprechlich, von Kunst versteht er auch nichts und letztlich gelingt es ihm immer seltener sich in die intellektuelle Pose zu werfen. Der innere Bankrott erscheint ihm als die feste Währung auf der das gegenwärtige Denken aufgebaut ist und darum erschreckt es ihn nicht als Journalist sein Geld zu verdienen.

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