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Nur der Inhalt ist noch dünner: Das neue Jahrbuch des Art Directors Club Schweiz ist da.

Allerwerteste Branchkolleg*innenX.

Mensch, Leute!

Heute ist mir doch per eidg. Analogpost tatsächlich das neue ADC-Jahrbuch ins Haus geflattert, welches Digital-Rémy Fabrikant und ADC-Vorstand vor ein paar Jahren breitbeinig abgeschafft haben. Bravo.

Diese Neuerscheinung verdient natürlich eine Rezension im KULT Feuilleton.

Das neue Kompendium der kreativen Höhenflüge hat trotz recht starken Papiers nur noch die Dicke einer Filterzigarette (s. Abb.); da nicht mehr so viel Kreatives hergestellt und zur Jurierung durch Profis eingesandt wird, handelt es sich mittlerweile also eher um eine Jahres-Reklamebroschüre.

Allerdings fehlen ihr die einer Zigarette eigenen anregenden, kratzig-würzigen, leicht toxischen Inhaltsstoffe, die Lust auf mehr machen.

Um es elegant zu umschreiben: Der nennenswerte Output der sog. Schweizer Kreativbranche wird nicht nur dünner, sondern leider auch immer dümmer.

Aus dem Inhalt:

Digitalkampagnen (2), welche die Agenturen ein Vermögen gekostet haben müssen, obschon sie bereits wieder im digitalen Orkus verschwunden sind.

Einer der üblichen Witwenschüttler-TV-Spots für eine wohltätige Organisation (mit über den Daumen gepeilt 80 Prozent Personalkosten), der jedoch keiner Witwe auch nur einen Rappen mehr aus dem Portemonnaie zu schütteln vermag.

Die Printabteilung, dominiert von einer einzigen Agentur, sagen wir fairerweise: von anderthalb. Und eine Kampagne für einen 125 Gramm-Doppelrindfleischburger, die irgendwo worldwide entstanden und von allen ADC-Juroren verstanden worden ist, weil Grafik.

Eine Sirenentest-Kampagne für eine Zeitung, die laut den Machern ganz Zürich bewegt hat, ausser mich, meine Tochter, meinen Stammbeizer und meinen Busfahrer.

Ausgezeichnete Kampagnen für bedeutende Auftraggeber bzw. stolze Marken wie ehedem z.B. für SBB, Swiss oder Swisscom, oder für Automobile, Zeitungen, Versicherungen, Nahrungsmittel, Bier u. dgl. fehlen fast völlig, ebenso wie grosse Ideen, die gleichwohl im Fernsehen, als Plakat und im Internet funktionieren. Was machen die alle bloss? Eng beschriebene Papiere herstellen? Yoga-Workshops? Strategie-Retraiten? Influencer-Influencing?

Ok, ist ja gut, rumklönen kann jeder, deshalb jetzt zur honorarfreien Beratung einer offensichtlich sich selbst abschaffenden Branche.

1. Kein Meeting mit mehr als vier – bestenfalls wortkargen – Personen und nicht länger als eine Stunde; währenddem Laptop-, Tablet- und Handyverbot; Entscheider am, Aschenbecher auf Tisch.

2. Bierdeckel-Briefings einführen.

3. Honorar vervierfachen; was nix kostet, bringt nix.

4. Baseballcapverkehrtherumträger und Irgendwas-mit-MBA-Leute noch in der Probezeit mit freundlichen Worten verabschieden.

5. Astrophysiker, Maurer, Kellner, Voodoopriester, Posaunisten, Tramführer, Friedhofgärtner, Matrosen, Primarlehrer einstellen statt getürkte fünfseitige Lebensläufe von Medien- oder Werbefuzzies.

6. Mehr Frauen beschäftigen; nicht, weil sie es zwingend besser können oder wg. Gender-Gedöns, aber das sog. kreative Umfeld wird dadurch merklich angenehmer und attraktiver (sofern die aufgeblasenen Macker in ihrem Laden ein Quäntchen Umgangsformen von Mutti mitbekommen haben).

7. Martin Spillmann und mich als Coaches/Tatortreiniger engagieren; wir kosten im Team nur 1.500.-/Stunde (plus Getränke und Spesen), bringen unsere eigenen Kugelschreiber mit, fangen frühmorgens um 11:00 Uhr an, um 16:00 Uhr ist die Sache erledigt, und für Ruf & Lanz gingen wir vorher sogar noch zum Bahnhofscoiffeur. Für einen Tausender mehr bringen wir ausserdem Kreativstar Frank Bodin mit, der bietet dann auf einer Bösendorfer-Mundharmonika noch ein Sonate von Schubert dar.

Jetzt erleben.

PS. Das ADC Annual 2019 gibt´s bei: adc.ch

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Autor: Reinhold Weber

Reklamiker und Texter aus und in Züri, nachdem er gefühlte 20-mal umgezogen ist, u.a. nach Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Wien.

Reduzierte den Smart to the max, machte Media-Markt weniger blöd und blieb beim Tages-Anzeiger dran. Ist Namensgeber und Mitgründer von Blue Balls Music, die das „Blue Balls Festival“ in Luzern veranstaltet.

Verbringt seine Tage völlig unkorrekt und ausgegrenzt als partei- und konfessionsloser, heterosexueller Raucher/Fleischfresser/Nichtjogger/Oekosparlampenhasser. Spielt auf seiner alten Fender Stratocaster zu allem Übel auch noch am liebsten Negermusik.

Mag Texaner wie Billy Gibbons und Kinky Friedman. Ob die allerdings ihn mögen, ist glücklicherweise unbekannt.

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