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No Muscles, all brain!

Intelligenzler aller Länder, köpft eine Flasche Champagner und zeigt’s den Sportskanonen und Bettnarzissten! Das Zeitalter der Superhirne dämmert rosa am Horizont der Sinne!

Eine gefühlte Ewigkeit mussten Streber und Schlauberger herbe Schmach erdulden. Als erotische Versager wurden sie hingestellt, elende Liebhaber. Ejaculatio praecox prangte beim ersten Date schon auf der Stirn. Endlich gibt es einen zündenden Gegenbeweis. Endlich dürfen die Korken im Silicon Valley knallen!

Hoher IQ, High-Quality-Sperma

Die perfekte Rechtfertigung für dionysische Genüsse liefern Wissenschaftler der University of Mexico, die eine Korrelation zwischen Intelligenz und Spermaqualität feststellten. Und was folgern wir daraus? Mieses Sperma zeugt von Wechsler-Test sprengender Intelligenz? Deshalb vielleicht meine Aufforderung an alle Hyperintellos, sich schleunigst zu einer Selbsthilfegruppe zusammenzuschließen, deren Mitglieder nicht am Fortbestand einer degenerierten Menschheit Schuld sind? Weit gefehlt! Männer mit höherem IQ hatten gemäß Testergebnis gesünderes und besseres Sperma.

Über Liebhabereigenschaften sagt die Spermaqualität allerdings nichts aus. Oder ist irgendeiner Leserin bzw. einem Leser ein Zusammenhang zwischen hochintelligenten Sprösslingen und besonders lustvollem Zeugungsvorgang bekannt? Genies können während Kamasutra-Séancen und Kinky Games gezeugt werden oder während eines Bang Bang-One Shots, der dem weiblichen Orgasmus nicht die geringste Chance gibt. Es besteht jedoch durchaus die realistische Chance, bei einem intelligenten Lover auf einen Menschen mit Lernpotenzial zu treffen. Das bedeutet nicht nur, dass er stante pede die Komplexität der Klitoris und der weiblichen Libido begreift, sondern auch noch über das Ziel hinauszuschießen verspricht. Der IQ130+Lover vermag zu recherchieren, zu kombinieren und die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Mit ein bisschen Geduld und praktischer Nachhilfe ist dann auch die Umsetzung nur noch ein Kinderspiel. Ein weiterer Pluspunkt, den mancher Schlaukopf verbuchen darf, ist seine Fähigkeit zu Empathie und Einfühlungsvermögen. Das fortwährende Mobbing während seiner Kindheit (Nö, der Eierkopf spielt nicht mit! Oh, guck mal, hat er schon wieder ´nen Kaugummi an der Hose kleben!) haben ihn frühzeitig gelehrt, auf Regungen der Mitmenschen zu achten und jedes Signal positiver Zuwendung zu verstärken. Während sich McMuscle im Spiegelschrank bewundert, den Bizeps spielen lässt und sein Schwanz Mr. Pepper, dem Kaninchenrammler, Konkurrenz macht, konzentriert sich IQ 130+ auf die Glücksempfindungen der Geliebten, wird angespornt vom leisesten Mmmh, dem zartesten Oh.

Brain trifft Beauty

Wer glaubt, dass Intelligenzbestien erst gar nicht zum Zuge kämen und Lover-Qualitäten folglich in den seltensten Fällen gemessen werden können, täuscht sich. Gemäß einer US-Studie glauben Männer unabhängig von der Einschätzung ihrer eigenen Attraktivität an ein hohes sexuelles Interesse ihres weiblichen Dates, sofern dieses sehr attraktiv ist. Das männliche Denkschema ist demnach stark von Positive Thinking geprägt. Im konkreten Fall sieht das dann so aus: Nerd trifft Beauty. Check: sehr attraktiv. Fazit: Sie will mit mir in die Kiste. Koppelt man diese Feststellung nun an die Auswertungen einer amerikanischen Forscherin, die eine erhebliche sexuelle Selbstüberschätzung bei hochintelligenten Männern feststellte, liegt das Ergebnis auf der Hand: Ich bin clever und heiß! Du stehst auf mich!

Sartre-Klon und Barbarella Supergirl

Lässt man die Augen über zufällig ausgewählte Pärchen in Theatern, Kinos, Straßencafés schweifen, reibt man sich tatsächlich manchmal verwundert die Augen über die denkwürdigen Konstellationen. Wie jetzt? Der Sartre-Klon mit Barbarella Supergirl? Da hängt sie tatsächlich an seinen Lippen und lauscht seinen Ausführungen über Funktion und Bedeutung von Gliazellen, die Dolls Eyes auf das Gesicht des Professors gerichtet und ab und an mouth noises, wie die Briten zu sagen pflegen, von sich gebend. Klischee? Yes, aber aus Fleisch und Blut, wahrlich und wahrhaftig. Dass ungleiche Verbindungen nach dem Prinzip „Gegensätze ziehen sich an“ nicht unbedingt Glück verheißen, beweist ein illustres Paar der amerikanischen Film- und Literaturgeschichte. Marilyn Monroe war fasziniert von Arthur Millers Intellekt und politischem Engagement. Er vermochte dem Botticelli-Körper des traurigsten aller Mädchen, die ihm bekannt waren, nicht zu widerstehen. Beide überforderten sich emotional und scheiterten. „Marilyn kam aus den vierziger und fünfziger Jahren“, schreibt Miller in seiner Autobiographie „Zeitkurven“. „Sie war der Beweis, dass es für Sexualität und Ernsthaftigkeit in der amerikanischen Psyche keine Koexistenz gab, ja, dass dies feindliche, einander abstoßende Gegensätze waren.” Liebespaare leben, worauf auch immer ihre Attraktivität basieren mag, nicht isoliert von ihrer Umwelt. Niemand ist eine Insel! Ist der erste Hormonrausch erst verflogen, versengen die Blicke der anderen das zarte Liebesband, langweilen die Mundgeräusche Barbarellas den Retter der Witwen und Waisen, den Utopisten und Feingeist.

Pansexuell, genderqueer, heteroflexible, sapiosexuell!

Weist das Lust-und Liebesleben der Nerd-/Beauty-Couples auch gravierende Missstände auf, für die Vermarktung einsamer Seelen taugen Studien über Intelligenz und sexuelle Attraktivität auf jeden Fall. Auf der Dating-Plattform OKCupid wurde zu den ohnehin weitgreifenden, flächendeckenden Kategorien „pansexuell“, „heteroflexible“ oder „genderqueer“ die Option „sapiosexuell“ hinzugefügt. Sapiosexuell. Man muss sich den Begriff auf der Zunge zergehen lassen. Auch hier trügt der erste Eindruck. Es handelt sich nicht wie etymologisch versierte Zeitgenossen vermuten könnten um sexuell erfahrene, wissende, mit allen Finessen des Sexus vertraute (pädagogischer Zeigefinger sapere = wissen) Lebewesen. Nein, Sapiosexuelle verlieben sich in Intelligenz, Wissen, Esprit des Anderen. Menschen, die sich als sapiosexuell bezeichnen, sind selbst oftmals sehr intelligent. Immerhin nutzen sie ein seltenes Adjektiv zur Selbstbeschreibung und haben eine ziemlich genaue Vorstellung von den Wesenszügen des zukünftigen Partners. Im Optimalfall vereinigt das angebetete Wesen kognitive, soziale und emotionale Intelligenz, wobei Sapiosexuelle Situation und Funktion bei der Erfüllung ihrer Sexualität berücksichtigen. Für einen One-Night-Stand genügt schon mal ein hoher IQ. Ein mit Verve und Eloquenz geführtes Gespräch über die Stellung des Paläozoikums im Phanerozoikum törnt definitiv mehr an als die knappe, zwischen zwei Flaschen Bier ausgestoßene Auflistung der EM-Tore. Ist er nicht süß, wenn ihm die Hornbrille von der Nase rutscht und die kurzsichtigen Äuglein bewundernd unseren Venusleib entlangwandern? Cellulite? Nicht bei -5 und +3 Dioptrien. Bei einer Affäre kann eine zumindest deutlich wahrnehmbare emotionale Intelligenz nicht schaden. Schmetterlinge im Bauch, pochende Herzen und „Banana Moon is shining in the sky“ versüßen ganz klar die Fakten. Verheiratet? Augen zu, rosarote Brille auf! Für eine echte Beziehung (so mit Brötchen, Kindern & Co.KG) ist ein hoher sozialer Intelligenzquotient unerlässlich. Ein bisschen IQ-Würze und zwanzig WhatsApp-Emoticons und schon ist die Sache gebongt! Dream-Team im Idealfall natürlich!

Virtuelle Love Affair oder Liebe auf den ersten Blick?

Der Begriff „sapiosexuell“ wird inzwischen in einem Maße gehypt, dass sich sogar der Pressesprecher des Hochbegabtennetzwerks MENSA zu Wort meldete. Cracks tickten auch nicht anders als Normalos. Man verliebte sich doch wohl nicht in einen IQ. Stimme, Gestik, Haptik, die Chemie müssten stimmen. Liebe auf den ersten Blick existierte und funktionierte eben nicht über den Austausch von Messdaten! Wie verhält es sich aber mit den virtuellen Love Affairs? Wildfremde Menschen verlieben sich in das Bild eines anderen, in eine Geschichte, wahr oder erfunden, in ein Konstrukt, das manchmal sogar der Wirklichkeit standhält. Natürlich versteht sich ein Sapiosexueller nicht als numerophil, als ein in Zahlen, Ziffern, Zeichen vernarrtes Wesen. Sapiosexuelle definieren ihre Sexualität aber deutlich weniger über anatomische Merkmale als über ein Feuerwerk des Esprits. Allein deshalb, weil sie einen Gegenpol zu Äußerlichkeit und Oberflächlichkeit bilden, verdienen sie eine Würdigung.

Sub-Dom oder High-Low?

Man könnte natürlich noch einwenden, dass das ganze Gerede von sexueller Attraktion durch Wissen Humbug sei, weil es letztlich nur ein Sub-Dom-Verhältnis verkleidet. Oh, wow! Er ist so klug und ich bin ein dummes Mäuschen. Das macht mich so an! Fühle ich mich wirklich gut, bin ich verliebt, wenn ich die geistige Überlegenheit meines Liebhabers erwarte, brauche? Versuche ich, womöglich doch nur ein Manko auszugleichen oder ein Mismatch durch die freiwillige Unterwerfung weniger offensichtlich erscheinen zu lassen?

Und last but not least: Funktioniert eigentlich die Umkehrung? Oh, wow! Sie ist so klug … Verdammt! Macht mich das wirklich an oder steckt sie mich in die Tasche und der Kleine verkrümelt sich schneller, als ich es wahrhaben will? Eben.

Die Crux der Geschlechter

Die Crux liegt bereits im Geschlechterverhältnis. Intelligente Frauen – das weisen wiederum andere Studien auf – haben es wesentlich schwerer als andere, einen Partner zu finden. Wer kennt nicht mindestens eine Geschichte einer Akademikerin, die ihren Titel gewohnheitsmäßig dezent unter den Tisch fallen lässt, damit der Loverboy keine Potenzprobleme bekommt? In der Theorie sieht alles rosig aus: Männer wünschen sich eine gebildete Partnerin, eine Frau, die ihnen das Wasser reichen kann. Sobald sie jedoch befürchten, die Gute könnte sie tatsächlich übertrumpfen oder gar einen Beweis ihrer intellektuellen Überlegenheit haben, gehen sie auf Abstand. Mais oui, sie suchen sogar körperliche Distanz, wie – nix mea culpa! – eine weitere Studie beweist.

Körperliche Distanz

Die Crux liegt bereits im Geschlechterverhältnis. Intelligente Frauen – das weisen wiederum andere Studien auf – haben es wesentlich schwerer als andere, einen Partner zu finden. Wer kennt nicht mindestens eine Geschichte einer Akademikerin, die ihren Titel gewohnheitsmäßig dezent unter den Tisch fallen lässt, damit der Loverboy keine Potenzprobleme bekommt? In der Theorie sieht alles rosig aus: Männer wünschen sich eine gebildete Partnerin, eine Frau, die ihnen das Wasser reichen kann. Sobald sie jedoch befürchten, die Gute könnte sie tatsächlich übertrumpfen oder gar einen Beweis ihrer intellektuellen Überlegenheit haben, gehen sie auf Abstand. Mais oui, sie suchen sogar körperliche Distanz, wie – nix mea culpa! – eine weitere Studie beweist.

Irrungen und Wirrungen

Allerdings erleichtert sich die ganze Chose bei Anwendung des Prinzips „Gleich und gleich gesellt sich gern“. Nehmen wir mal folgendes Beispiel: Sommerakademien von Hochbegabtenstiftungen. Drei Wochen Sommer, Sonne, Logische Semantik und Cluster-Bildung. Schlussfolgert man aus der eingangs genannten mexikanischen Studie, müsste es dort zu orgiastischer Verzückung und hormonellem Big Bang kommen. Fakt ist: Nothing unusual! I swear! Man spielt das Spiel der Liebe mit all seinen Irrungen und Wirrungen und da hat eben jeder seine ganz eigenen Präferenzen. Die eine liebt es hart und heftig, die andere süß und sanft. Der eine ergötzt sich an einer glatt rasierten Muschi, der andere begehrt den Busch.

Brainiac Amour – The Look of Love!

Mon truc à moi ist – wenn ich es schon labeln muss – eine Spezialität der rebellisch-rotzigen siebziger Jahre: Brainiac Amour. Patti Smith prägte den Begriff auf der 1975 erschienen Kult-Scheibe „Horses“: „Life is full of pain, I’m cruising through my brain.“ Mit Robert Mapplethorpe hatte Patti diese ganz spezielle Verknüpfung, die über das irrationale Sehnen einer Amour fou hinausging. Manisch und zugleich zärtlich, die Verschmelzung des Intellekts im Namen der Liebe. Das ist Brainiac Amour.

Der hämmernde Pulsschlag der Begierde, einer Begierde, die sich aufbäumt und zähmt zugleich. Der galoppierende Rhythmus von „Horses“ (Ride on! Ride on!) und der Songtext : „Got to lose control and then you take control“ fegen mir Sapiosexuelle und Heteroflexibles aus dem Hirn. Fuck IQs, EQs, SQs!

The Look of Love! That’s it.

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Autor: Theresa S Grunwald

Ekstatische Verzückung, Devotion, deutsche Romantik – Theresa S. Grunwald, das Pseudonym dient als sprachliche Verhüllung, lebt nicht nur in einer pornographischen, von einem leisen Hauch Katholizismus durchwehten Welt. Der Durchbruch ins Animalische gelingt nicht immer, Hölderlins Liebe greift sie manchmal hart am Schopfe. Masken sind aber durchaus ein probates Hilfsmittel, um extreme Widersprüche, Sex und Liebe ist nur einer davon, in Genuss umzuwandeln.

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