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her mit der fachhochschule für angewandtes Verbrechen – oder es knallt!!!

Die Verbrechensrate steigt. Auch in unserem kleinen Schokoladenland. Bald kannst du nicht mehr raus. Weil du zuhause bleiben und deine Wohnung vor Einbrechenden bewahren musst. Eigentlich eine angenehme Entwicklung, denn draussen wirst du sowieso nur überfallen.

Immer mehr Leute entdecken in letzter Zeit halt die Tatsache für sich, dass eine Knarre, ein Messer, eine Axt, ein Brecheisen prima Alternativen zum Geld darstellen.

Zeig doch denen im Laden einfach deine Parabellum (ich meine hier natürlich die Luger P08, nicht das MG14 Maschinengewehr). Sie werden dir alles, was dein Herz begehrt, kostenlos aushändigen. Solche Tatsachen sprechen sich natürlich rasch herum. Und immer mehr Leute kommen auf den Geschmack, schliessen sich der Verbrechenswelle an. Das Schönste daran ist: Wenn du Geld in einen Laden trägst, ist es nachher weg. Wenn du deine Einkäufe mit einer Kanone erledigst, bleibt dir das Ding erhalten. – Du kannst es morgen wieder für Materialbeschaffungen aller Art einsetzen.

Das ist schon mal so was von nachhaltig! Sogar besser als Materialien-Tauschhandel. Da kannst Du nur gewinnen!

Immer mehr Leute wenden sich also dem Verbrechen zu. Betrug, Diebstahl, Gewaltverbrechen aller Art werden zum Breitensport. So weit, so gut – und der Zeitgeist kann diesen Trend auch nur benevolent abnicken.

Angesichts jenes Raubzugs der Wenigen, die schon zu viel haben, gegen die arbeitenden Massen, bei denen es an allen Ecken und Enden eng wird, kann das Phänomen nämlich nur zunehmen. Bald schon werden die Betrogenen und Ausgebeuteten das Wort Krise nicht mehr als Erklärung für ihr Elend schlucken. Sie werden den Zusammenhang zwischen Pistole zeigen – und Sachen dafür bekommen – begreifen, werden sich für eine entsprechende Laufbahnplanung entscheiden.

Doch diese Entwicklung birgt durchaus auch Probleme. Je mehr Leute sich zu einer Karriere im Königreich des Verbrechens entschliessen, desto schlechter wird – im Schnitt – die Qualität der kriminellen Taten. Laienhafte Banküberfälle, stümperhafte Morde, strunzdumme Betrugsmanöver werden massiv zunehmen!

Dies können wir nicht hinnehmen. Die Opfer leiden unter einem derartigen Qualitätsverlust. Zudem wird das Image der Verbrecherinnen und Verbrecher in der Öffentlichkeit unseres schönen Landes immer schlechter. Auch im Ausland wird man uns auslachen, die Schweiz muss in diesem Bereich nun endlich auf die Herausforderungen der Globalisierung reagieren. Wir müssen Schritte einleiten, die zu einer Qualitätssicherung und -steigerung auf dem Gebiet des Verbrechens führen. Weil das Phänomen Verbrechen derart rasant um sich greift, sollten wir für diese Schritte Siebenmeilenstiefel anziehen. Wir müssen dringend SWOT-Analysen, SEBO-Analysen, Organisationsentwicklungsprozesse und Multimoment-Studien durchführen.

Dann müssen wir scharf umrissene Rollenprofile erarbeiten, für Menschen, die in Genres wie Bankraub, Tankstellenüberfall, Enkel-Trickbetrug, Serienmord usw. tätig sind.

Wenn alle Daten schliesslich sauber erhoben, die Grundlagen geschaffen sind, ein solider Boden bereitet ist, sollten wir unbedingt eine Fachhochschule für Verbrecherinnen und Verbrecher – bzw. Verbrechende – schaffen. Ich würde Vorschlagen, dass die Studierenden zunächst alle einen Grundkurs besuchen, der so fundamentale Techniken wie das Bedrohen, das Fesseln, das Tresorausräumen, die Waffenkunde umfasst – sowie natürlich die Feinheiten der Täter-Opfer-Kommunikation vermittelt.

Die Studierenden sollen sich zunächst gründlich in die Materie einarbeiten, in Theorie und Praxis, bevor sie sich später auf ein bestimmtes Verbrechens-Feld spezialisieren. Bücher wie „L’instinct de Mort“ von Jacques Mesrine (Achtung: das „s“ im Geschlechtsnamen dieser zeitlosen Koryphäe wird nicht ausgesprochen, sondern verschluckt, viele Leute machen das leider immer noch falsch), Filme wie „Heat“ von Michael Mann, künstlerische Arbeiten wie Joel-Peter Witkins Fotosammlung „Harm’s Way“ sorgen für die theoretischen Grundlagen. Biographien über John Dillinger, Bonnie and Clyde, Ted Bundy, Jesse James oder Borra, den König der Taschendiebe, werden die Semesterlektüre darstellen. Dazu kommen allerlei praktische Übungen, zunächst werden dies Rollenspiele im Klassenverband sein. Später geht’s dann raus. Dann ist Praxis an der Front angesagt, denn nur die Übung macht bekanntlich Meister. Zur Hymne dieser Fachhochschule taugt natürlich „Take the Money and Run“ von Steve Miller. Als Lehrkräfte brauchen wir für den Grundkurs gewitzte Allround-Verbrechende, die über solide Grundkenntnisse in mehreren Fachrichtungen verfügen und diese auch geduldig weiter vermitteln können.

Dieses Personal kann an diversen Hot Spots rekrutiert werden: Zum Beispiel in Ciudad Juárez, Mexico, in Johannesburg, Südafrika, oder in New Orleans, Louisiana.

Auf den Grundkurs folgt dann die Spezialisierung. Diese Studiengänge führen zunächst zu einem Bachelor-Diplom – und am Ende dann zum Master-Titel. Hier sind die Lehrkräfte hochgradig spezialisierte Fachleute, hier zählen die Feinheiten, Ziel ist das makellose Verbrechen. Egal, ob es sich um Bankraub, Geiselname, Wettbetrug oder Sexualmord handelt. Buchhaltung für Menschenhändler, Hiebtechniken für Axtmörder, Geldübergabe-Kunde für Entführende, Fünfjahresplanung für Serial Killer, der fachlichen Differenzierung kommt eben eine grosse Bedeutung zu. Skills und Grades müssen exakt aufeinander abgestimmt sein. Wer einen derartigen Lehrgang an der Fachhochschule absolviert hat, geht die Sache danach ganz anders an: Die Qualität der Taten bekommt eine völlig neue Bedeutung, im Metier des Verbrechens werden sich ganz neue Standards der Exzellenz etablieren.

Wer seinen Bachelor gemacht hat, wird in jede Gang aufgenommen. Wer über ein Master-Diplom verfügt, taugt für Führungsaufgaben im Kader einer kriminellen Organisation.

Und wir alle werden davon profitieren. In der Öffentlichkeit wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass es viel erstrebenswerter ist, von Profis überfallen, aufs Kreuz gelegt oder ermordet zu werden – als von stümperhaften Amateuren. Die Opferzufriedenheit wird in beträchtlichem Masse steigen. Lasst uns also tüchtig Bundesgelder reinschütten (auch die Kantone sollen Mittel beisteuern), lasst uns endlich den Grundstein legen – für die Eidgenössische Fachhochschule für Angewandtes Verbrechen (EFHAV). Eine bessere Investition kann – angesichts der momentanen gesellschaftlichen Bedingungen – kaum getätigt werden! Also raus mit der Kohle – oder es knallt!!!

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Autor: Christian Platz

Lebt in Basel. Arbeitet überall. Reist recht viel. Vor allem nach Asien. Und in den Deep South der USA. Verdient sein Geld seit über einem Vierteljahrhundert mit Schreibarbeiten. Vorher hat er als Pfleger in einer Irrenanstalt gewirkt. Hat mehrere Bücher veröffentlicht. Spielt seit 40 Jahren fanatisch Gitarre, zwischendurch singt er auch noch dazu. Schreibt unter anderem für Kult. Ist manchmal gut aufgelegt. Manchmal schlecht. Meistens so mittel. Sammelt Bücher, CDs, Filme, Artefakte. In einem psychisch leicht auffälligen Ausmass. Verfügt, bezüglich der Dinge, die er sammelt, über ein lexikalisches Wissen. Platz ist einerseits ein Wanderer auf dem Pfad zur linken Hand. Andererseits Neofreudianer mit Waffenschein. Liebt Blues und Voodoo, Rock'n'Roll und die schwarze Göttin Kali. Trinkt gerne Single Malt Whisky aus Schottland. Raucht Kette. Ist bereits über 50 Jahre alt. Macht einstweilen weiter. Trotzdem wünscht er nichts sehnlicher herbei als die Apokalypse.

WARNHINWEIS:
Dieser Mann tritt manchmal als katholischer Geistlicher auf, stilecht, mit einem besonders steifen weissen Kragen am Collarhemd. Dies tut er in gänzlich irreführender Art und Weise und ohne jegliche kirchliche Legitimation. Schenken Sie ihm - um Gottes Willen - keinen Glauben. Lassen Sie sich nicht von ihm trauen, ölen oder beerdigen. Lassen Sie sich von ihm keinesfalls Ihre Beichte abnehmen. Geben Sie ihm lieber Ihr Geld.

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