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Früher war mehr Lametta (4)

Für die letzte Folge unserer vorweihnachtlichen Serie, in welcher wir die feschsten Festdekorationen vorstellen, waren wir in dem bei Hipstern und anderen Berliner Projekt-Managern angesagtesten Dorf Wein(!)ingen (ZH) auf Recherche.

Im “Löwen”, Raucherbar, am Tresen gleich links an der Ecke. Kennst du ja.

Wir, das bin ich. Sowie 4/7 der Band, die ich vorletztens mit meinen geilen Gitarren-Riffs immer rausreissen musste.

Wir erzählten von den coolen alten Zeiten, in welchen die Sängerinnen noch keinen Bart trugen und die Groupies noch kein Stella McCartney-Handtäschchen.

Um es kurz, aber nichtsdestotrotz andächtig zusammenzufassen:

Die russische Barmaid (39) war sehr blond, umtriebig, flink und fit, mit Meyer-Fürst Mainstream-Nase. Sie spielte offensichtlich Basketball (75F), hätte aber auch Ballon fliegen können.

George, der Trommler, hatte Hüfte, zwei Ex-Frauen und eine Stange. Auf der Theke, versteht sich. Löwenbrau, versteht sich.

Jonas, von International Musicbusiness-Mänätschern genannt “The Big Voice Jones”, hatte alles, v.o.n.u.: Ohr, Zahn, Hals, Lunge, Rücken, Knie und keine Zigaretten.

Wolfram, Telecaster-Poser mit amtlichem Crunch in der Hose, schwarzer Lederweste und knallrotem BH, der ihm mitunter auf der Bühne entgegenfliegt, hatte auch eine Stange.

Reverend Urs, der Billy Hathaway/Donny Preston aus dem Zürcher Unterland, hatte nichts ausser grauen Haaren, einem desinteressierten Blick, einer Schale Gold & them Blues.

Ich hatte Schlapp vom langen Bahnfahren, Handgelenk vom D#maj9-5, Ohren von den Polka-Rhythmen aus der digitalen Jukebox und Füsse vom Anderbarstehen.

Unsere abw. ehem. Sängerin war mit ihrer Stickerei (Alpenblumenwiese mit Sennenhund) auf dem Jakobsweg. Und unser abw. ehem. Bassist wollte sich an diesem Abend das E auf dem siebten Bund dieser beschissenen zweiten Saite draufschaffen. Du weisst schon, dieser Neger damals 1971 auf der Langspielplatte “King Curtis live at …”, äh, Dings. Bumbumbum-bumbum-bumbum-bumbum.

Dann hängt hinter einer halbleeren Rotweinflasche unversehens noch Burki, unser aller ehem. Musikalienhändler, und meint: Du schuldest mir seit 1978 noch die 48. Monatsrate für dieses grüne Overdrive-Pedal.

Und der Weihnachtsschmuck?

Der liess, wie man sieht, in divinem Glanz seine ganze Herrlichkeit über uns baumeln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Autor: Reinhold Weber

Reklamiker und Texter aus und in Züri, nachdem er gefühlte 20-mal umgezogen ist, u.a. nach Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Wien.

Reduzierte den Smart to the max, machte Media-Markt weniger blöd und blieb beim Tages-Anzeiger dran. Ist Namensgeber und Mitgründer von Blue Balls Music, die das „Blue Balls Festival“ in Luzern veranstaltet.

Verbringt seine Tage völlig unkorrekt und ausgegrenzt als partei- und konfessionsloser, heterosexueller Raucher/Fleischfresser/Nichtjogger/Oekosparlampenhasser. Spielt auf seiner alten Fender Stratocaster zu allem Übel auch noch am liebsten Negermusik.

Mag Texaner wie Billy Gibbons und Kinky Friedman. Ob die allerdings ihn mögen, ist glücklicherweise unbekannt.

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