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Steven Seagal und sein Code of Honor

Steven Seagal ist zur Zeit ein sehr vielbeschäftigter Mann. Inzwischen 64jährig ist die ehemalige Actionikone so aktiv wie vielleicht nie zuvor in seiner Karriere. Acht Filme hat Seagal momentan in der Pipeline, aber wer Seagal kennt, der weiss, bei ihm geht oft Quantität vor Qualität. Wir haben sein aktuellstes Werk Code of Honor mal ausgetestet.

Inhalt:
Robert Sikes (Steven Seagal) kehrt aus dem Kriegseinsatz nach Hause zurück. Während seiner Abwesenheit wurden jedoch seine Frau und sein Sohn von einer Gang erschossen. Sikes hat genug, schnappt sich sein Scharfschützengewehr und geht auf Rachefeldzug gegen die kriminellen Mächte seiner Heimatstadt…

Hört sich ja grundsätzlich nicht so schlecht an. Der Mechanismus, Seagal gleich zu Beginn die Familie auszulöschen, ist für Seagalfiguren doch oft ein guter Antrieb um knallhart zurückzuschlagen. Seagals Figur macht dies auch. Jedoch, hier kommt die dicke Enttäuschung ins Spiel, praktisch nur als Scharfschütze mit seinem Gewehr. Seine Kampfkunstfähigkeiten kann die alternde Aikidolegende kaum unter Beweis stellen. Und zudem, Sikes ist hier mehr Neben- als Hauptfigur.

Hauptdarsteller des Films ist eigentlich Craig Sheffer. Wer? Ehrlich, das Gesicht hatte ich so auch nicht auf meiner Festplatte gespeichert. Sheffer ist ein 56jähriger Darsteller, zu dessen bekannteren Projekten die Serie One Tree Hill gehört. Sheffer ist so alles andere als der Mainactor-Guy. Er ist eher so der Kiosk-Guy, der vor dir in der Schlange steht und Zigaretten kauft. Jedenfalls, Sheffers Figur ermittelt hinter den Morden. Und nach und nach erfährt der Zuschauer, dass die beiden eine gemeinsame Vergangenheit haben.

Dazwischen gibt es viel totes und nacktes Fleisch. Sprich, viele Shootings und diverse Besuche in der Nacktbar, für Seagalfilme der letzten Jahre ein fester Grundpfeiler. Kein Film ohne ein paar Cheap-Boobies. Und, lassen wir die Stripclub-Szenen mal so stehen, die Actionszenen jedoch gehörten eigentlich verboten. So stand Seagal fast ausschliesslich auf irgendwelchen Dächern rum, richtete sein Gewehr, zielte, schoss – und that’s it. Nein, that’s it dann leider doch noch nicht. Denn hier vermurkste das Produktionsteam so einiges. Als erstes, Mündungsfeuer aller Waffen schienen ausschliesslich am Computer generiert worden zu sein. Und wer von einer Waffe getroffen wurde, hinterliess eine fürchterlich schlechte CGI-Blutfontäne.

Die Story lahmte gut vor sich hin. Sheffer bei der Arbeit zuschauen war übel, noch übler Nebenfigur Jerry Simon, gespielt von Griff Hurst. Hurst spielt bei Code of Honor einen TV-Reporter der Marke “noch übler als der in Stirb Langsam 1 und 2“. Und Hurst spielt diese Hanswurst so schlecht, dass ich echt dachte, die haben hier einen Laiendarsteller engagiert. Jedoch, Hursts Filmographie weist ihn als ordentlichen Schauspieler aus, der an vielen grösseren Produktionen wie Battleship oder Trumbo beteiligt war. Unvorstellbar, wie schwach er hier abgeliefert hatte.

Regisseur des Streifens war für einmal nicht Keoni Waxman, Seagals Stammregisseur der letzten Jahre, sondern Michael Winnick, der eine noch sehr ausbaufähigen Hollywood-CV ausweist. Code of Honor wird hoffentlich nicht sein bestes Werk bleiben.

Ich war stellenweise kurz davor den Film einfach auszuschalten, so unterirdisch ist dieses Werk. Und dann, etwa im letzten Fünftel des Streifens vollführt die Story einen Turn, den ich einem Film dieses Typs nie zugetraut hätte. Ich sass nur noch so da und fragte mich, ob ich gerade was geraucht habe. Da gerät dieser schmallbrüstige kleine Scheissfilm für kurze Zeit plötzlich auf ein Storylevel, dass ich so bei einem Film dieser Güteklasse noch nie gesehen habe. Nicht, dass der Film danach wirklich besser wurde. Aber dieser eine Haken, den Regisseur und Drehbuchautor Winnick in bester Stéphane Chapuisat-Manier eingebaut hat, wäre ganz gross gewesen, wäre der Film nur einige Klassen besser gewesen.

Seagal hielt sich übrigens den ganzen Film extrem zurück, war nur in etwa 15 Minuten des Streifens zu sehen. Und die eine Kampfszene, die er so halbwegs absolvieren wollte, hat er wohl nur in einem Take abdrehen wollen. Mal wieder zu offensichtlich wurde hier ein Stuntman an seine Stelle auf die Markierung gepackt. Actionmässig ist dies ein Seagal-Schnarchfest.

Fazit: Ich mag beinahe nicht mehr hinschauen, wieviele schlechte (also richtig schlechte) Filme Seagal in den letzten Jahren abgeliefert hat. Sein letzter halbwegs ordentlicher Film Born to Raise Hell liegt auch schon sechs Jahre zurück. Und die Trailer zu seinen kommenden Werken machen nicht viel Hoffnung. End of a Gun könnte was werden. Aber ich hab mir bezüglich Steven Seagal schon jeden Optimismus abgewöhnt. Code of Honor, den Film braucht ihr nicht – und Seagal hat ihn schon lange nicht mehr.

https://www.youtube.com/watch?v=1_Rmj_rtWlo

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Autor: Dominik Hug

Mitdreissiger. Basler. Auch im Erfolg stets unzufriedener FCB-Fan. Filmkritiker. Leidenschaftlicher Blogger. Strassensportler. Apple User. Hat eine Schwäche für gute Düfte. Liest eBooks. Hört gerne Rockmusik. Fährt einen Kleinstwagen. Geht gerne im Ausland shoppen. Herzkalifornier. Hund vor Katze. Hat immer eine Sonnebrille dabei. Gelegentlicher XBox-Zocker. Hat 2016 überlebt.

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